Wien – Wenn die Regierung ihre Vorschläge zur Demokratiereform umsetzen will, muss sie wohl noch einige Änderungen vornehmen. Wie ein Rundruf des STANDARD ergeben hat, ist keine der Oppositionsparteien von den Ideen begeistert, vielmehr sind alle enttäuscht vom Vorgehen von SPÖ und ÖVP im Zuge der parlamentarischen Enquete zur Demokratiereform. Für die Umsetzung brauchen die Regierungsparteien eine Zweidrittelmehrheit und damit zumindest die Stimmen der Grünen oder der FPÖ.

Die Verfassungssprecher von SPÖ und ÖVP hatten am Donnerstag angekündigt, doch keine Volksbefragungen durchführen zu wollen, wenn Volksbegehren von mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten unterstützt werden. Auf diesen Gesetzesentwurf hatten sich ÖVP und SPÖ eigentlich schon mit den Grünen im Jahr 2013 geeinigt. Stattdessen schlagen die Verfassungssprecher der beiden Parteien nun vor, den Ländern und Gemeinden neue Instrumente der direkten Demokratie und Volksgesetzgebung zu ermöglichen. Zudem soll die Bevölkerung via "Crowdsourcing" online die Möglichkeit bekommen, Gesetzesentwürfe zu kommentieren.

Musiol: "Armutszeugnis für SPÖ"

Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol ist sauer. "Das, was hier passiert ist, ist des Parlamentarismus nicht würdig", sagt sie. Die SPÖ wehre sich nun schon seit Jahren dagegen, dass Bürger auch zwischen den Wahlen mitentscheiden können. "Das ist ein Armutszeugnis für die Partei, so wird die SPÖ nicht älter werden."

Ob die Grünen nun bei dem neuen Paket mitstimmen, wollte Musiol noch nicht sagen. Es sei zwar grundsätzlich längst überfällig, dass auch in Bundesländern mehr direkte Demokratie eingeführt werde, aber "ich bin sehr skeptisch, weil es dann unterschiedliche Gegebenheiten für die Bürger gibt, je nachdem, in welchem Bundesland sie leben." Die Idee des Crowdsourcing unterstützt Musiol zwar, diese könne aber die direkte Demokratie nicht ersetzen.

FPÖ: Kein Fortschritt

Für FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan ist es noch zu früh, um zu entscheiden, ob seine Partei der Regierung die nötige Zweidrittelmehrheit verschafft. "Es ist wohl besser als nichts, aber ich bin sehr enttäuscht", sagt er zu den Vorschlägen. Damit, den Ländern mehr direkte Demokratie zu ermöglichen, würden die Regierungsparteien lediglich ausweichen. "Dann haben die den schwarzen Peter." Natürlich seien alle Vorschläge positiv zu bewerten, aber sie würden eben nicht zu einem echten Fortschritt führen. Die FPÖ spricht sich für verpflichtende Volksbefragungen nach Volksbegehren aus, die von vier Prozent der Stimmberechtigten unterzeichnet wurden.

Neos wollen weiter gehen

Die Neos würden diese Schwelle noch niedriger setzen. Wenn drei Prozent ein Volksbegehren unterzeichnen, müsste dies zu einer Volksabstimmung führen, deren Ergebnis im Unterschied zur Volksbefragung dann auch rechtlich bindend wäre, erklärt Verfassungssprecher Niki Scherak das Modell seiner Partei. Nun könne sich die Regierung nicht einmal zu einer Minimalvariante durchringen. "Wenn so das Endergebnis der Enquete aussieht, dann war sie ein Reinfall." Die aktuellen Vorschläge seien zu kurz gegriffen. "Es kann mir niemand schlüssig erklären, warum man Volksgesetzgebung in den Ländern und Gemeinden zulassen will, aber im Bund nicht." Auch Scherak lässt offen, ob seine Partei mit ÖVP und SPÖ mitstimmen wird, geht derzeit aber nicht davon aus.

Team Stronach für Bürgervertreter

Das Team Stronach lehnt die Vorschläge ab. Für den Abgeordneten Rouven Ertlschweiger würde die Umsetzung der Regierungsvorschläge Stillstand bedeuten. "Das ist viel Lärm um nichts", sagt er. Das Team Stronach spricht sich für die Reduktion der Nationalratsabgeordneten von 183 auf 150 aus. 50 der Mandatare sollen als Bürgervertreter ins Parlament einziehen. (koli, 7.7.2015)