Der Mittwochnachmittag brachte für manche das ersehnte Gewitter samt darauffolgendem Regenbogen und Wolkenbildgeteile auf Facebook und Twitter. Andernorts hagelte es, und die Unwetter hinterließen beträchtlichen Schaden. In Traiskirchen rollten die Busse an.

Es gehört zu einer funktionierenden Gesellschaft, dass sie mit Problemen lösungsorientiert umgeht, Ängste nicht verstärkt, sondern sie nimmt. Das betrifft soziale Fragen, vor allem bei wirtschaftlicher Not in angespannten Zeiten – aber auch den Umgang mit Asylsuchenden. Flüchtlinge scheint diese österreichische Gesellschaft oder zumindest ihre politische und administrative Führung nicht mit erhöhter Dringlichkeit zu verbinden. Als es regnete, wurden im Erstaufnahmelager Zettel ausgeteilt; die mit Piktogrammen dargestellte Lösung: In Traiskirchen rollten die Busse als Regenschutz an.

Die steigende Zahl von Asylwerbern und eine ungleiche Verteilung der Last zwischen den Mitgliedsstaaten der EU verschärfen die Situation. Dass es aber keine kurzfristige Lösung jenseits von Feldbetten zwischen Hitze und Hagel gibt, liegt in der politischen Verantwortung von Bundesregierung und Landeshauptleuten. Durch ihr Handeln schüren sie Ängste, Ressentiments und Misstrauen – bei Asylwerberinnen und Asylwerbern ebenso wie bei der Bevölkerung.

Die Lage in Traiskirchen ist seit Monaten katastrophal, beschämend und menschenverachtend. Es schlafen Menschen unter freiem Himmel, zusammengepfercht in Räumen oder in Zelten. Es sind Bilder, die nicht zu einem der reichsten Länder der Welt passen. Das Lager ist zum Symbol und Schandmal einer verlorenen Humanität geworden. Es muss entlastet, Flüchtlinge gerecht verteilt und ordentlich untergebracht werden – heute, eigentlich gestern.

Traiskirchen steht für ein Scheitern der Politik und Gesellschaft im Umgang mit jenen, die Hilfe brauchen.

Die Situation wird erst dann wieder tragbar, wenn die Busse anrollen, um Asylwerber nach Flucht, Vertreibung und Verfolgung menschlich unterzubringen. Bis dahin bleibt Humanität in Österreich ein Gedankenexperiment mit Regenschutz. (Sebastian Pumberger, 9.7.2015)