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Wird wohl auch am Wochenende noch im Wiener Palais Coburg verhandeln: Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif.

Foto: AP / Ronald Zak

Wien – Die seit zwei Wochen andauernden Wiener Verhandlungen über ein Atomabkommen mit dem Iran haben sich am Freitag weiter in die Länge gezogen und sind auf Samstag vertagt worden. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif warf den Unterhändlern mehrerer Länder der 5+1-Gruppe vor, von bisherigen Positionen abgerückt zu sein und "überzogene Forderungen" zu stellen.

Sein US-Kollege John Kerry sagte, die fünf UN-Vetomächte und Deutschland ließen sich von Teheran nicht unter Druck setzen.

Der britische Außenminister Philipp Hammond sprach von "quälend langsamen" Verhandlungen. Er kündigte weitere Gespräche für Samstag an.

Zarif: Schwierigkeiten wegen unterschiedlichen Positionen

Zarif hatte zuvor dem arabischsprachigen iranischen Sender Al-Alam gesagt, die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) hätten "unterschiedliche Positionen". Das mache die Sache "schwierig". Der Iran wolle ein Abkommen, das die Würde des Landes respektiere. An Teheran solle eine Einigung aber nicht scheitern.

"Wir setzen die Gespräche fort, und wir werden den Verhandlungstisch niemals verlassen" fügte Zarif hinzu. Wenn die andere Seite ebenfalls eine ausgewogene Einigung anstrebe, sei diese "zum Greifen nahe". Ein iranischer Vertreter sagte, Uneinigkeit herrsche bei dem Zeitplan für die etappenweise Aufhebung der gegen den Iran verhängten Strafmaßnahmen, beim Waffenembargo, bei den vom Westen geforderten Inspektionen von Militäranlagen sowie bei der Frage, wie lange das angestrebte Abkommen gelten solle.

Zurückhaltung am Al-Quds-Tag

Im iranischen Staatsfernsehen, das dem als moderat geltenden Präsidenten Hassan Rohani nahe steht, wurden am Al-Quds-Tag am Freitag keine "Tod Amerika"-Rufe ausgestrahlt. Dieser Tag wird für staatlich organisierte Demonstrationen gegen Israel genutzt. Dies twitterten mehrere Mitarbeiter der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am Freitag. Beobachter glauben, dass die Regierung offenbar Zurückhaltung angeordnet hat.

Zwei lange Verhandlungswochen

Der Iran berät seit zwei Wochen in Wien mit der 5+1-Gruppe über ein endgültiges Abkommen zu seinem Atomprogramm. Die derzeitige Verhandlungsrunde sollte eigentlich bis zum 30. Juni zu einem solchen Abkommen führen. Die Frist wurde jedoch zunächst bis zum 7. Juli und dann nochmals bis Freitag verlängert. Ursprünglich sollte das Abkommen bis Freitag um 06.00 Uhr MESZ dem US-Kongress vorliegen. Dieser hätte dann 30 Tage Zeit zur Überprüfung des Textes gehabt. Da keine fristgerechte Einigung erreicht wurde, verdoppelt sich dieser Zeitraum nun, weil der Kongress in die Sommerpause geht.

US-Außenminister Kerry hatte am Donnerstagabend in Wien über den Verhandlungsverlauf gesagt: "Wir werden es nicht überstürzen, und wir werden uns auch nicht drängen lassen." Die Verhandlungen liefen noch, weil der Glaube an ein umfassendes Abkommen da sei. Es stehe schließlich viel auf dem Spiel. "Aber wir werden nicht auf ewig am Verhandlungstisch sitzen", fügte Kerry hinzu.

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte am Donnerstagabend, die Dinge bewegten sich "in die richtige Richtung". Zarif antwortete auf die Journalistenfrage, wie lange er noch in Wien bleibe: "So lange wie nötig."

Deutschland ist guten Mutes

Der deutsche Außenamtsprecher Martin Schäfer sagte am Freitag in Berlin: "Wir sind weiter guten Mutes, dass eine Lösung in unserem Sinne möglich ist." Notwendig sei eine "lückenlose und wasserdichte Vereinbarung", die sicherstelle, dass der Iran kein militärisches Atomprogramm verfolgen könne. Teheran bestreitet, jemals an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet zu haben und pocht auf sein Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie.

Einigung bei technischen Fragen

Bei technischen Fragen sei man sich weitgehend einig, heißt es aus allen Delegationen, der Abkommenstext ist zum allergrößten Teil fertig. Probleme gibt es bei einigen Themenkreisen, wo politische Entscheidungen notwendig sind. Hier lassen Hardliner und Gegner einer Einigung in Washington und Teheran den Verhandlern wenig Spielraum für Kompromisse.

Konflikte bei Sanktionen

Der Iran möchte, dass die Wirtschaftssanktionen und Öl-Embargos möglichst rasch und in einem Zug aufgehoben werden. Die 5+1-Gruppe (die UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien sowie Deutschland) will Sanktionen erst dann aufheben, wenn der Iran seine nuklearen Verpflichtungen nachweislich erfüllt hat. Auch die Modalitäten einer Wiedereinsetzung der Sanktionen bei Nicht-Vertragstreue müssen geregelt werden.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) soll die Vertragstreue im Auftrag der 5+1-Gruppe kontrollieren, aber auch klären, ob Teheran in der Vergangenheit Atomwaffenforschung betrieben hat. Hier gibt es dem Vernehmen nach Fortschritte, wenn auch Irans oberster Führer Ayatollah Ali Khamenei klar gemacht hat, dass Inspektionen von Militäranlagen eine "rote Linie" sind, deren Überschreitung er nicht dulden werde.

Der Iran fordert zudem die rasche Aufhebung von UN-Waffenembargos. Hier gibt es Unterstützung seitens Russlands. "Das Waffenembargo gegen den Iran sollte so schnell wie möglich fallen", sagte kürzlich Außenminister Sergej Lawrow. Der Iran könnte dann effektiver im Kampf gegen den Terror vorgehen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur TASS. Der Westen jedoch befürchtet, dass der Iran in der Folge auch seine Unterstützung von Gruppen wie der libanesischen Hisbollah-Miliz oder der Palästinenserorganisation Hamas verstärken könne. (APA, 10.7.2015)