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E-Fan

Foto: EPA/GUY DROLLET FRANCE

Es war ein kleiner Flug für den erfahrenen Testpiloten, aber ein großer für die Menschheit: Der Beweis ist erbracht, dass CO2-freies Fliegen mit elektrischem Antrieb aus der Steckdose auch über weite Distanzen möglich ist. Aus dem englischen Küstenflughafen Lydd kommend, landete am Freitag um 10.56 Uhr in der nordfranzösischen Hafenstadt Calais die neueste Errungenschaft des europäischen Luftfahrtkonzerns Airbus, der sogenannte E-Fan.

Tosender Applaus von hunderten von Gästen empfing den Doppelsitzer, der sich am Horizont noch wie ein zweistrahliger Sportflieger ausgenommen hatte. Das Flugzeug machte keinen Laut, als es mit 130 km/h landete: Die beiden vermeintlichen Düsentriebwerke am hinteren Rumpf erwiesen sich als Mantelrotoren, die durch Akkus angetrieben werden. Speziell sind auch die beiden Fahrgestelle des 500 Kilo leichten Himmelsgefährts: Sie sind hintereinander unter dem Rumpf angeordnet; für die Balance am Boden sorgen einzig zwei winzige Rädchen an dünnen Federstreben unter den Flügeln.

Zu groß geratenes Modellflugzeug

Zugegeben, der E-Fan ist nicht so majestätisch wie der Solar Impulse, der gegenwärtig mit Sonnenkollektoren um den Planeten kurvt. Er ist auch nicht so berühmt wie der Blériot XI, jener Tiefdecker aus Holz, Pergament und Klaviersaiten, mit dem der französische Luftfahrtpionier Louis Blériot 1909 den ersten Flug über den Ärmelkanal geschafft hat. Der E-Fan wirkt so ungelenk wie ein zu groß geratenes Modellflugzeug. Aber er hat Zukunft: "Er stellt zumindest teilweise die Zukunft des Fliegens dar", meinte der Leiter des E-Programms bei Airbus, Detlef Müller-Wiesner, nachdem er in Calais die Freude über die geglückte Landung verdaut hatte.

Die Idee des E-Fans ist nicht neu: Schon Ende des 19. Jahrhunderts flog in Paris ein Luftschiff mit einem Elektromotor. 1973 folgte der erste bemannte E-Flug in einer Klappermaschine. Seit ein paar Jahren häufen sich neue Experimente. Doch dabei bleibt es meistens. Die technischen Hürden für das elektrisch angetriebene Fliegen sind zu hoch, weil Speicherbatterien schlicht zu schwer sind. Aus diesem Grund kommen sogar aufwendige Projekte von Boeing oder der Nasa nicht vom Fleck.

Anders der E-Fan. Seine 167 Kilogramm schweren Lithium-Polymer-Akkus machen zwar auch ein Drittel des Gesamtgewichtes aus. Sie sind in den Tragflächen untergebracht, wo sie durch den Luftzug optimal gekühlt werden können. Das ermöglicht eine Flugzeit von bis zu 50 Minuten – gerade genug, um über den Ärmelkanal zu hopsen. Doch das Konzept ist ausbaubar: Fernziel ist die Entwicklung umweltverträglicher Großraumflugzeuge.

Entwickelt wurde der E-Fan in der südwestfranzösischen Region Aquitaine, die mehr als die Hälfte der Entwicklungskosten von 50 Millionen Euro aufbrachte; 20 Millionen steuerte Airbus bei. Anfang 2016 soll in der Pyrenäenstadt Pau die Produktion des E-Fan 2.0 in einer 1500 Quadratmeter großen Werkstätte beginnen. Die Airbus-Tochter VoltAir will dort ab 2017 vorerst zehn Flugzeuge im Jahr bauen. Bei entsprechender Nachfrage kann die Produktion auf bis zu 70 Exemplare im Jahr erhöht werden, schätzt Jean Botti, Technologie-Direktor bei Airbus.

Für Schulungszwecke

Geeignet ist der Zweiplätzer vor allem für Schulungszwecke. Airbus tüftelt aber bereits an einem Vierplätzer mit einer Flugautonomie von drei Stunden. Dieser E-Fan 4.0 existiert erst am Bildschirm und soll ab 2017 in Ottobrunn bei München in Kooperation mit Siemens getestet werden. Ideale Einsatzmöglichkeiten wären Rund-, Insel- oder Taxiflüge. Sein Verkaufsargument: Dank seiner Lautlosigkeit könnte der E-Fan auch in dichtbesiedelten Gebieten rund um die Uhr starten und landen. (Stefan Brändle aus Calais, 11.7.2015)