Die Calendula officinalis zählt wohl zu den populärsten Arzneipflanzen.

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Ihre Wirkstoffe stecken vor allem in den Blüten.

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Oktober 2007: Die ÖSV-Skirennläuferin Michaela Kirchgasser fädelte beim Training auf der Reiteralm ein und legte einen spektakulären Sturz hin. Die Folgen des kapitalen Überschlags waren drei eingerissene Außenbänder, Gelenkerguss inklusive. Drei Wochen später stand die Salzburgerin wieder auf den Brettern, die den Weltcup bedeuten. Manche Medien sprachen sogar von "Wunderheilung". Die Therapie: Der Fuß wurde vereist, mit Ultraschall und Strom behandelt, akupunktiert und nicht zuletzt mit Ringelblumensalben eingeschmiert.

Inwieweit dieser Behandlungserfolg auf die Inhaltsstoffe der Arzneimittelpflanze mit dem lateinischen Namen Calendula officinalis zurückzuführen ist, kann laut Judith Rollinger, Leiterin des Instituts für Pharmakognosie der Uni Wien, nicht gesagt werden. "Es gibt aber eine Reihe von Untersuchungen, die eine entzündungshemmende und wundheilende Wirkung von Ringelblumenextrakten belegen", sagt sie.

Keine allergische Reaktion

So zeigte etwa eine randomisiert kontrollierte Studie mit insgesamt 254 Brustkrebspatientinnen, dass eine lokale Therapie mit einem Calendula-Vaseline-Extrakt die Rate an strahleninduzierten Entzündungsreaktionen der Haut im Vergleich zur Behandlung mit Trolamin-Gel signifikant senkt.

Während das Phytotherapeutikum keinerlei allergische Reaktionen hervorrief, waren in der Kontrollgruppe 13 therapiebedingte Abbrüche zu verzeichnen, die meisten wegen Hauttoxizität. Die Empfehlung: Patientinnen, die eine postoperative Radiotherapie erhalten, sollten zur Dermatitis-Prävention regelmäßig Ringelblumencreme auftragen. Die Heilpflanze aus der Familie der Korbblütler hat eine Tradition in der Volksmedizin, die bis ins 12. Jahrhundert dokumentiert ist.

"Hildegard von Bingen gilt als Erfinderin der Ringelblumensalbe", erklärt der Medizinhistoriker Johannes Mayer von der Uni Würzburg. Die getrockneten Blüten wurden mit Schweineschmalz gemischt, erhitzt und so die fettlöslichen Wirkstoffe extrahiert. Als Alternative empfiehlt Wolfgang Kubelka vom Institut für Pharmakognosie der Uni Wien Kokosfett, da "es bei Schweineschmalzextrakten zu allergischen Reaktionen kommen kann."

Spülungen und Tees

Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Calendula zur Wundheilung nach Amputationen oder bei einem "offenen Bein" eingesetzt. "Wir wissen, dass einige in der Ringelblume enthaltenen Triterpenester und Triterpensaponine einen nachweislich entzündungshemmenden Effekt haben. Die Wirkung ist aber – wie bei allen Naturheilmitteln – nicht auf eine einzelne Substanz zurückzuführen, sondern auf das Zusammenspiel vieler Inhaltsstoffe", sagt Rollinger.

Die wasserlöslichen Substanzen der Blüten sollen auch bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut helfen. "Am besten geeignet sind hier Spülungen und Tees", so Rollinger. Allerdings gibt es dazu noch keine Daten aus klinischen Studien.

Ein Umstand, den der deutsche Pharmazeut Theodor Dingermann von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main wenig überrascht: "Für Phytopharmaka existiert häufig kein Patentschutz. Deshalb rechnet sich der Aufwand teurer klinischer Studien nicht, die letztendlich auch der Konkurrenz zugutekommen würden."

Das trifft besonders auf Tees zu, die Dingermann als "wenig ernstzunehmend" bezeichnet, da sie keine Fertigarzneimittel sind. Der Pharmakologe verweist in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Problem: jenes der unterschiedlichen Zubereitung. "Ein Tee kann stark oder schwach sein. Je nach Menge, Wassertemperatur und Dauer des Ziehens werden Inhaltsstoffe in unterschiedlicher Intensität herausgelöst."

Therapeutische Breite

Rollinger sieht darin weniger ein Manko und verweist auf die "therapeutische Breite" von vielen traditionellen Arzneimitteln. "Bei einem synthetisch hergestellten Medikament wird oft nicht zwischen Geschlecht unterschieden, auch nur unzureichend auf Body-Mass-Index und Stoffwechsel geachtet."

Das Resümee von Kollege Wolgang Kubelka: Calendula-Präparate zählen zwar "nicht zu den ,großen' Arzneimitteln, aber für leichtere Hauterkrankungen, Verbrennungen und Verbrühungen, aber auch Blessuren oder schlecht heilende Wunden sind sie durchaus empfehlenswert." (Günther Brandstetter, 11.7.2015)