Diana Khasuyeva (23) möchte in Wien Kunst studieren.

Foto: Werner Micheli

Höchst – Diana Khasuyeva ist jung und voller Träume. Sie lebt in Höchst, einem Vorarlberger Dorf an der Schweizer Grenze, sie würde gern nach Wien ziehen, dort Kunst studieren, selbstständig leben und dennoch ihrer Kultur als Tschetschenin treu bleiben. Die 23-Jährige musste vor neun Jahren ihre Heimat verlassen. Die Flucht der damals fünfköpfigen Familie aus Grosny zu schildern fällt ihr sichtbar schwer. "Schwierig war es", deutlicher möchte sie ihre Gefühle nicht beschreiben.

Geflüchtet war die Familie, "als der Krieg zur Ruhe kam". Die Zeit nach dem Krieg sei fast schlimmer gewesen als der Krieg, erinnert sich Diana Khasuyeva: "Wir hatten vor dem Krieg wenig, nach dem Krieg hatten wir gar nichts mehr." Die erste Station war für drei Monate Polen. "Wir waren dort aber nicht sicher, weil Russland Tschetschenen auch in Polen verfolgt hat." Die Familie flüchtete in einem Lkw versteckt nach Österreich, landete im Lager Weißenbach. "Von dort wurden wir nach Stinatz im Burgenland in ein Gasthaus geschickt." Zwischen Wirtsfamilie und Flüchtlingen sei es immer wieder zu Streit gekommen, erinnert sich Diana Khasuyeva "an die schlimmste Zeit unserer Flucht".

Schule, Lehre, Studium

Das Asylverfahren dauerte zehn Monate. Verwandte in Vorarlberg rieten dazu nachzukommen. Die Mädchen kamen in Lustenau in die Schule, der Vater fand schnell Arbeit. Sich in der neuen Heimat zurechtzufinden war schwierig: "Wir konnten die Sprache nicht, kannten weder die Kultur noch die Gesetze des neuen Landes."

In der Schule sei sie wegen der Sprachschwierigkeiten ausgelacht worden. Aus Angst, etwas Falsches zu sagen, habe sie lange nicht mit jungen Menschen geredet, schildert Khasuyeva ihre ersten Erfahrungen in Vorarlberg. Nach dem Hauptschulabschluss fiel der Start ins Berufsleben schwer. Für die Akkordarbeit in der Textilfabrik war sie zu langsam, eine Lehre als Zahntechnikerin brach sie ab. "Ich hab erfahren, dass ich gar nicht angemeldet war."

Diana Khasuyeva träumt von einem Kunststudium. "Für die Aufnahme an der Akademie brauche ich aber ein sehr gutes Portfolio, daran arbeite ich." Eine weitere Hürde sei die Tradition: "Meine Kultur erlaubt mir nicht, allein in Wien zu leben. Aber meine Familie will nicht wegziehen." Als Frau solche Wünsche zu haben mache das Leben nicht einfacher, sinniert sie, "andererseits ist es sehr schön, eine Familie zu haben, die für mich da ist".

Film über Flüchtlinge

Aktuell arbeitet die Tschetschenin als Praktikantin bei Vindex, einem Verein von Konventionsflüchtlingen und Einheimischen, der Flüchtlinge berät und begleitet. Für Asylwerbende wünscht sich Diana, "dass sie rasch Kontakt mit Einheimischen bekommen". Nur durch Begegnung könne man voneinander lernen. "Die einheimischen Kinder sollten schon in den Schulen erfahren, wie schwer es ist, ein Flüchtling zu sein, sich fremd zu fühlen ", wünscht sich die junge Frau. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen von Vindex plant sie einen Film über Flüchtlingsschicksale, der in Schulen gezeigt werden soll. (Jutta Berger, 13.7.2015)