Im Film "The Wolf of Wall Street", in dem Leonardo DiCaprio den Finanzbetrüger Jordan Belfort mimt, spielte das Schlafmittel Methaqualon eine prominente Rolle: Eine gute Stunde nachdem die Hauptfigur einige vor Jahren abgelaufenen Tabletten eingenommen hat, entfalten diese ihre volle Wirkung.
Die Beine versagen ihm den Dienst, statt Worten kommen nur noch gurgelnde Laute aus seiner Kehle. Er robbt durch das Haus, rollt sich die Eingangstreppen hinunter, und windet sich dann in seinen Lamborghini. Es ist eine denkwürdige Szene, die DiCaprio nicht nur Lob für sein Full-Body-Acting einbrachte. Auch das Interesse an den rätselhaften Pillen stieg dadurch.
Bei Methaqualon, in den USA als "Quaaludes" oder "Lemmons" bekannt, handelt es sich um ein Schlafmittel, das in den meisten westlichen Ländern seit Jahrzehnten verboten ist, in Österreich seit 1992. Aktuell ist das Medikament wieder im Gespräch: Kürzlich wurde bekannt, dass der US-Schauspieler Bill Cosby 2005 vor Gericht zugegeben hat, Quaaludes-Tabletten gekauft zu haben, um mit Frauen Sex zu haben. Ihm wird mittlerweile von mehr als 40 Frauen vorgeworfen, sie teilweise unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben.
In der Medizin sind die Tabletten, die Falco seinerzeit unter ihrem in Österreich handelsüblichen Namen besang ("Ganz Wien träumt mit Mozambin"), heute kein Thema mehr. Ein "alter Hut" ist Methaqualon gar für Kurosch Yazdi, Leiter des Zentrums für Suchtmedizin an der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg in Linz.
Euphorisierende Wirkung
Ursprünglich kam das Medikament in den 1960ern als Schlafmittel auf den Markt. Im Gegensatz zu den damals verschriebenen Barbituraten erhoffte man sich von Methaqualon, dass es nicht süchtig macht. "Das hat man anfangs von allen Schlafmitteln gesagt", sagt Yazdi. Auch in diesem Fall hat sich das aber als falsch herausgestellt.
Berühmt wurde Methaqualon aber nicht nur für seine Wirkung bei Schlafstörungen: Im Gegensatz zu den meisten anderen Schlafmitteln hat es nämlich auch eine euphorisierende Wirkung: "Die Anflutung im Gehirn ist sehr schnell", sagt Yazdi. "Und was schnell vom Blut ins Hirn gelangt, macht high."
Gefährlich wird Methaqualon besonders durch den Mix mit anderen Substanzen: Als beliebte Partydroge der 1970er- und 1980er-Jahre wurde es beispielsweise mit Alkohol gemischt – und die Wirkung somit weiter verstärkt. "Müde macht so ein Schlafmittel nämlich nur Menschen, die es nicht gewohnt sind", erklärt Yazdi. Übrig bleibt also für Erfahrene die euphorisierende Wirkung.
Ungefährlich ist das nicht: Bei einer Überdosierung droht – wie bei allen Schlafmitteln – der Tod durch Atemlähmung. Auch Schwindelgefühle, Übelkeit, Kopfschmerzen und Verwirrtheit gehören zu den Nebenwirkungen. Oder eine Enthemmung, etwa gegenüber Mitmenschen oder im Straßenverkehr: "Früher hat es in den USA viele Autounfälle unter Methaqualon gegeben." Denn es mache die Menschen einerseits müde und unkonzentriert, andererseits enthemmt.
Komplett verboten
"Irgendwann wurde Methaqualon als Partydroge beliebter als als Schlafmittel", sagt Yazdi. Ab den 1980ern wurde das Suchtpotenzial erkannt, die Pillen wurden nach und nach weltweit verboten. Damit wurden die noch übrigen Bestände der Tabletten zu einem begehrten – und teuren – Gut: Nicht nur der eingangs erwähnte Jordan Belfort gelangte noch Jahre später an die Pillen. Auch Playboy-Gründer Hugh Hefner soll in den frühen 2000er-Jahren Zugriff auf Restbestände gehabt haben.
Bill Cosby kaufte die Pillen in den 1970ern. Der Vorwurf lautete, er soll sie als "Knock-out-Drogen" eingesetzt haben. Diese Verwendung überrascht Yazdi nicht: "Alles, was als Schlafmittel taugt, wird als Knock-out-Droge verwendet", sagt er. Und jede Zeit habe davon ihre eigene.
Verbreitung in armen Ländern
Als Partydroge sei Methaqualon in Österreich zwar sicher verwendet worden, meint Yazdi – allerdings nicht in solchen Ausmaßen wie in den USA. "Denn einerseits war Alkohol hierzulande schon immer ein viel größeres Thema als überall sonst auf der Welt. Andererseits waren zu dieser Zeit Benzodiazepine in Österreich schon weitverbreitet."
Heute werde Methaqualon noch in ärmeren Ländern, etwa in Afrika, konsumiert, weil sie aufgrund der längst verfallenen Patente billig herstellbar ist. Meistens wird es dort laut Yazdi gemeinsam mit Alkohol und "anderen ortsüblichen Substanzen", also bestimmten Pilzen oder Kräutern, eingenommen.
Auch wenn es medial immer wieder auftaucht: Einzigartig war Methaqualon nicht, betont Yazdi. Es sei nach seinem Verbot durch andere Schlafmittel rasch ersetzt worden und heute "völlig obsolet". Häufig verschriebene Schlafmittel sind heute zwar nicht mehr so potent wie früher, sagt der Experte. Für normale Schlafstörungen seien diese Medikamente aber ausreichend. Und dafür gibt es heute auch Schlafmittel, die tatsächlich nicht mehr süchtig machen. (Franziska Zoidl, 20.7.2015)