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Die Musikerin FKA Twigs ist bekannt für ihre Piercings.

Foto: REUTERS/Toby Melville

Mit der Mode und der Rebellion ist das so eine Sache. Kaum etwas regt heute noch wen auf. Erst recht nicht Silberschmuck durch Nabel, Nase, Oberlippe. Vor zwanzig Jahren war das noch ein bisschen anders. In den Neunzigern, als der westliche Mainstream Gefallen an ausgefallenem Körperschmuck fand und das "Wo, Wie und Warum" im Arabella-Talk verhandelte, musste der Besuch im Provinz-Tätowier- und Piercing-Studio noch verheimlicht werden: Nicht immer hatten die Eltern einen Sinn für den Schuss durch Nabel und Nase, für die Sexiness des Septum-Ringerls. Und heute? Hängt sich selbst Madonna, mittlerweile 56, ein Ringerlrebellentum um. Unlängst trug sie einen Ring durch die Nasenscheidewand, natürlich nicht ohne den Bildbeweis auf Instagram zu posten. Und nicht ohne auf ihre #rebelheart-Tour zu verweisen.

Dass der Gestus des Rebellischen heute eine generationenübergreifende Angelegenheit ist, muss für Madonnas Tochter Lourdes, knapp zwanzig, eine frühe Erkenntnis gewesen sein. Ihr bleibt heute nichts anderes übrig, als alles das, was die Mutter schon durch hat, irgendwie auch zu machen. Letztens allerdings war Lourdes nah dran an der Provokation. Sie kombinierte ein Septum mit grau gefärbten Haaren – ausgerechnet! Auf alles, was nach Alter schreit, hat Madonna nämlich so recht keine Lust.

Überhaupt scheint der Nasenring eine Sache der weiblichen Popdiven zu sein. Das überrascht nicht, ist die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit doch das tägliche Geschäft von Rihanna, FKA Twigs, Lady Gaga und Katy Perry. Sie alle sind ehrenwerte Mitglieder im Club der Septum-Trägerinnen. Lady Gaga veröffentlichte vor zwei Jahren sogar ein Video, das sie hautnah beim Stechen ihres Piercings zeigte: Die Popdiva im Piercingstudio rücklings auf dem Sessel liegend, der Piercer mit Gummihandschuhen am Werkeln. Es folgte der Hinweis aufs damals anstehende Album.

Lady Gaga Promo

Dabei müssen für Werbemaßnahmen solche harten Geschütze doch längst nicht mehr aufgefahren werden. Das Modehaus Givenchy führte die Light-Variante vor: Für die Herbstkollektion marschierte ein ganzes Model-Heer, darunter das österreichische Model Stella Lucia, mit Klebetätowierungen, an die Stirn gekleistertem "Baby Hair" und behängt mit opulenten Nasenringen auf.

Selbstverständlich musste sich für diese Piercings kein Model auf den Sessel legen: clevererweise alles nur geklipst. Und das können wir doch auch, oder? (Anne Feldkamp, 15.7.2015)