Stichwaffen werden am öftesten eingesetzt.

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Wien – Vergangenen Freitag zückt ein Buslenker bei einem Streit mit einem Autofahrer ein Messer. Anfang Juli wird eine Kindergärtnerin in Wien-Floridsdorf angeschossen. Wenige Tage davor gerät ein 13-Jähriger in der Brigittenau in die Schusslinie eines Mannes, der auf einen Kontrahenten feuerte, und wird schwer verletzt. Die Statistik zeigt: Es gibt immer mehr angezeigte Straftaten mit Waffenverwendung.

5.000 Delikte mit Waffenverwendung

Zwar liegen für das laufende Jahr noch keine Daten vor, von 2013 auf 2014 stieg jedoch die Zahl der Anzeigen um 53 Prozent. 2013 wurden laut Sicherheitsbericht insgesamt 3.624 Straftaten mit Waffenverwendung angezeigt. 2012 waren es 3.484, 2011 in Summe 3.910 Fälle. Im Vorjahr gab es bereits 5.558 angezeigte Delikte mit Waffenverwendung, so die Zahlen des Bundeskriminalamts.

Der Großteil 2014 bezog sich auf Stichwaffen – 2.944 Mal wurde eine solche bei einer Straftat verwendet, um knapp 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 1.402 Mal war eine Hiebwaffe (etwa Säbel oder Schwerter) im Spiel, hier betrug die Steigerung gar 84 Prozent. Eine Schusswaffe wurde 1.212 Mal verwendet, was einen Zuwachs von 36 Prozent gegenüber 2013 bedeutet.

Soziologe: Weniger bedrohende Delikte

"Die Steigerung geht jedoch zurück auf Anzeigen, die sich nicht auf bevölkerungsgefährdende oder bedrohende Delikte beziehen", erklärte Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl, Leiter des Vienna Center for Societal Security (Vicesse), im Gespräch mit der APA. Die Zunahme betreffe Straftaten, "die für das subjektive Sicherheitsgefühl nicht so von Bedeutung sind", sagte Kreissl. Man müsse aufpassen, dass die einzelnen Delikte nicht eine "Wertigkeit bekommen, die ihnen nicht zusteht", sagte der Experte. Denn sowohl von den registrierten Tatverdächtigen auf der polizeilichen Ebene bis hin zu den Verurteilungen sei insgesamt "ein extremer Rückgang zu beobachten".

Sachbeschädigung vor Tierquälerei

593 Anzeigen, bei denen mit einer Schusswaffe gedroht wurde, gab es im Vorjahr. Insgesamt wurde bei der Begehung von Straftaten 344 Mal geschossen. Am häufigsten wurde dabei mit 83 Fällen Sachbeschädigung begangen, gefolgt von Tierquälerei (52 Mal) und Eingriff in fremdes Jagd- oder Fischereirecht (43 Fälle). 39 Mal wurde im Vorjahr durch die Schussabgabe eine "Gefährdung der körperlichen Sicherheit" angezeigt.

Bei fast 3.000 Straftaten in Österreich war 2014 eine Stichwaffe involviert, im Jahr davor waren es 1.972 Fälle. Am öftesten wurde im Vorjahr mit einer Stichwaffe eine gefährliche Drohung begangen (861 Mal), gefolgt von Sachbeschädigung (636 Fälle) sowie dem Delikt "schwerer Raub" (353 Anzeigen). Von 761 auf 1.402 stieg die Zahl der angezeigten Fälle mit der Verwendung einer Hiebwaffe, etwa Baseballschläger oder Macheten. 292 Mal wurde sie in Verbindung mit einer Anzeige gegen das Waffengesetz eingesetzt, in 234 Fällen wurde im Vorjahr Körperverletzung zur Anzeige gebracht.

Die Zunahme der Straftaten mit Waffenverwendung sei insgesamt eher auf "Wilderer und Sachbeschädiger" zurückzuführen, sagte Kreissl. Anzeigen wegen Waffenverwendung bei Sachbeschädigung und schwerer Sachbeschädigung haben sich mehr als verdoppelt, von 2013 auf 2014 gab es eine Zunahme um 129 Prozent. Angezeigte Tierquälereien mit Waffenverwendung stiegen von 108 auf 134 Fälle.

Polizei mit Gewaltenmonopol

Eine große Steigerung von 1.089 auf 1.617 Anzeigen gab es auch beim Delikt "gefährliche Drohung" mit Waffenverwendung. Dies ist ein "typisches Massendelikt", erklärte der Experte. So würden die Worte "Ich stech dich ab" am Telefon als gefährliche Drohung mit Waffengewalt angezeigt werden. Eine Wirtshausschlägerei mit einem Messer findet sich etwa in der Statistik als Körperverletzung mit Stichwaffe wieder. Im langfristigen Trend gehe der Einsatz von körperlicher Gewalt und die Gesamtkriminalität deutlich zurück, sagte Kreissl. Die Zunahme des Waffengebrauchs könne man auch als Aufforderung, strikte Waffengesetze beizubehalten, interpretieren, meinte der Kriminalsoziologe. Schließlich habe die Polizei das Gewaltenmonopol, das müsse auch so bleiben. (APA, 17.7.2015)