An den Schalthebeln von Tardis: Peter Capaldi ist der zwölfte Dr. Who und reist via Telefonzelle durch Raum und Zeit.

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Stets an seiner Seite ist Clara (Jenna Coleman). Sie bringt viel Abenteuer, Risiken, Gefahr und eine richtig große Bedrohung. Also alles wie gehabt. Am 19. September startet die neunte Staffel der zweiten Ära. Ab Dezember im Abosender Fox bei Sky.

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Clara (Jenna Coleman) und der Doktor (Peter Capaldi).

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Zu seiner Person ist nichts Genaues bekannt: sein richtiger Name nicht, ebenso wenig seine Abstammung oder in welchem Fach er promoviert hat. Über sein Alter lässt sich mit Bestimmtheit sagen: Es variiert. Der gegenwärtige, zwölfte Dr. Who ist älter als manche seiner Vorgänger, was als Sinnbild für eine Serie gelten kann, die im 53. Jahr ihres Bestehens vom Fernsehorbit aus gegen den scharfen Wind der multipotenten Streamingkonkurrenz antritt. Den Serienmachern erschien es wohl passender, einen nicht mehr ganz so jungen, dynamischen Hauptdarsteller zu wählen, sondern einen schmalen Mittfünfziger, der mit Händen und Füßen gegen den Untergang des traditionellen Fernsehens kämpft.

"Europäisch dunkel", beschreibt Who-Darsteller Peter Capaldi die Serie, die in Großbritannien nationales Kulturgut ist und grenzenlos verehrt wird. In Österreich ist der Doktor nicht Mainstream. Deutschsprachige "Whovians" schauen im Abosender Fox im Angebot von Sky. Die neunte Staffel beginnt im Dezember, die BBC startet am 19. September.

"Vertraut und doch exotisch"

Warum das österreichische Publikum dem Doktor nicht in Massen zuströmt, darüber lässt sich nur spekulieren, sagt Capaldi: "Amerikanische Science-Fiction ist sehr sauber, militärisch, klar, direkt. Das Publikum für die düsteren Töne verträgt sich vielleicht nicht mit jenem für die grellen Farben." Wer sich ihr allerdings einmal verschrieben hat, sei rettungslos verloren. Warum? Eskapismus allein ist es nicht, glaubt Capaldi, jedoch: "Die Serie ist beides: vertraut und doch exotisch. Vielleicht hat es damit zu tun."

"Das Genre erlaubt so viel Abwechslung", sagt Jenna Coleman, in der Serie Dr. Whos treue Gefährtin Clara.

Die Serie ist Kult und Phänomen. Als Lückenfüller zwischen Sport und Popshow erfunden, tat der Doktor 1963 seinen Dienst ganz im Sinne eines bildungsbewussten öffentlich-rechtlichen Senders: Als Zeitreisender trifft er historische Persönlichkeiten, ist Zeuge wichtiger Ereignisse. Man lernte beim Zuschauen und unterhielt sich gleichzeitig mit Schallschraubenzieher, Daleks, The Master und natürlich Tardis, der Telefonzelle, dem Transportmittel für Zeitreisende.

Durch die Zeit flitzen

Dr. Who ist der "Time Lord", ein Außerirdischer vom Planeten Gallifrey. Mit Tardis flitzt er durch die Geschichte. 1989 wurde Dr. Who nach 26 Staffeln eingestellt und machte 16 Jahre Pause. Die Titelfigur wechselt nach wie vor je nach Bedarf, Capaldi geht jetzt in seine zweite Saison.

Erschöpfungserscheinungen sind nicht auszumachen. Meistens erlebten Zuschauer den zwölften Doktor in fiebriger Aufregung. Klar, es geht ja nicht um nichts: Immer rettet Doktor Who die Welt vor dem abgrundtief Bösen, und immer ist es verdammt knapp. Das und echt trockener britischer Humor, flotte Dialoge, Liebe, Schmerz und hymnische Streichorchester überzeugen Fans. Letzteres kommt übrigens nicht aus der Dose, sondern wird live eingespielt. Capaldi war dabei, und schwer berührt: "Es war so großartig, mir kamen die Tränen." Er selbst bezeichnet sich als Fan der ersten Stunde: "Für mich war die Serie wie Grimms Märchen."

Lullen wie das Fernsehen

Die Kreaturen und Monster entstehen oft nicht im Computer, sondern sind ebenso "echt": Vieles werde noch "traditionell" gedreht. Capaldi: "Das gehört für mich zu den großartigen Dingen, wenn am Set die Gummimonster herumlaufen. Das macht Spaß."

Heute ist vieles Karikatur. In der letzten Folge von Staffel acht – das traditionelle Weihnachtsspecial – kam es zur Begegnung mit dem Weihnachtsmann und geriet zum psychologischen Spießrutenlauf: Die Dämonen des Unbewussten erwachen zum Leben und machen ihre Opfer unschädlich, indem sie sie einlullen. Noch eine Metapher auf das Fernsehen? Das ist das Schöne an Dr. Who: Man kann so gut wie alles hineininterpretieren. Zumindest, dass nichts fix ist, also kein "Ho! Ho! Ho!", sondern ab in die Telefonzelle und fort mit ihnen. 30 Minuten später war der Doktor tot. Also nicht wirklich, oder irgendwie schon – und doch wieder nicht.

BBC kaltstellen

Eingefleischte Fans lesen Zeitströmungen ab: In den 1970er-Jahren kämpfte der Doktor etwa gegen Umweltverschmutzung, die 1980er zitierten den Punk. Die neue Staffel verspreche "viel Abenteuer", sagt Jenna Coleman. Mehr Gefahr, größere Risiken und eine "richtig große Bedrohung" , sagt Coleman voraus. "Es ist Dr. Who. Hinter jeder Ecke wartet ein Schatten", fügt Capaldi hinzu.

Den Protest gegen die BBC-Reform unterstützen beide: "Die Regierung will die BBC kaltstellen. Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht effizienter machen, sie wollen ihn zerstören", sagt Capaldi. Coleman: "Ich hoffe, es gelingt ihnen nicht." (Doris Priesching aus Berlin, 18.7.2015)

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Doctor Who