London/Wien – Bei der Abkürzung M&A kommen Investmentbanker so richtig in Wallung, schließlich handelt es sich dabei um ihre Königsdisziplin, nämlich Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions). Diesbezüglich zeichnet sich für die Branche ein goldenes Jahr ab, beinahe täglich werden neue Unternehmenskäufe vermeldet. Zahlen des Marktforschers Dealogic untermauern diese Wahrnehmung: Im ersten Halbjahr sind weltweit 2,3 Billionen US-Dollar für Fusionen und Übernahmen aufgewendet worden, das entspricht 2,1 Billionen Euro.

Damit liegt die Halbjahresbilanz nur knapp unter dem bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2007, als bis Ende Juni rund 2,6 Billionen Dollar in Unternehmenskäufe flossen. Die Deutsche Bank rechnet damit, dass der bisherige Rekordwert von vier Billionen Dollar im Gesamtjahr heuer fallen wird. Denn 2007 wurde das Fusionskarussell im zweiten Halbjahr bereits von der unter der Oberfläche brodelnden Finanzkrise gebremst.

Vorteile für alle

Laut Experten wie Stephanie Sutton, Investment-Director bei Fidelity, unterscheiden sich die Voraussetzungen diesmal deutlich von jenen des Jahres 2007: "Die Weltwirtschaft ist schwächer, und die Zinsen verharren auf einem historischen Tief."

Soll heißen: Für Investitionen in organisches Wachstum ist die Konjunktur zu lahm, und Finanzierungen von Milliardendeals sind leicht zu erhalten und auch wirtschaftlich zu stemmen. "Hinzu kommt, dass viele Unternehmen eine erhebliche Menge an Bargeld besitzen und gesunde Bilanzen aufweisen", fügt Sutton hinzu. "In einem solchen Umfeld bringt ein Zusammenschluss häufig Vorteile für alle Beteiligten."

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Derzeit werden fleißig Hände geschüttelt: Übernahmen und Zusammenschlüsse von Unternehmen laufen heiß.
Quelle: AP / Kyung hoon

Trend zu großen Deals

Auffallend ist der zunehmende Trend zu immer größeren Transaktionen. Insgesamt 31 Deals hatten heuer ein Volumen von zumindest zehn Milliarden Dollar, damit machten die Elefantenhochzeiten fast 880 Milliarden Dollar aus, das sind laut Dealogic sowohl hinsichtlich Anzahl und Gesamtwert neue Rekordmarken.

Beinahe alle Branchen wurden von der Fusionswelle erfasst, am stärksten die Bereiche Energie, Gesundheitswesen sowie Technologie und Telekom, welche heuer die höchsten Transaktionswerte seit dem Platzen der Internetblase im Jahr 2000 erreicht haben. In diesem Sektor fand 2015 auch der bisher kostspieligste Deal statt, nämlich die 78,7 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Time Warner Cable durch Charter Communications.

Es sieht so aus, als könnten sich die Investmentbanker auch weiterhin die Hände reiben – sofern Sutton recht behält: "Wenn die Marktbedingungen weiterhin so günstig bleiben, sollten die M&A-Aktivitäten weiter anhalten – zumindest auf Jahressicht." (Alexander Hahn, 18.7.2015)