Rundfunkgebühr und GIS funktionieren auch für reine Web-User nicht ganz wie ein Sparschwein.

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Wien – Muss die GIS nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichtshof Radiogebühren rückerstatten, die sie in den vergangenen Jahren Menschen verrechnet hat, die allein über Computer und Breitbandanschluss ORF-Programme genutzt haben? Und muss sie das von sich aus oder erst auf Klage? Der Anwalt von solchen Web-Usern sagt: natürlich. Die GIS sagt: Jeder Einzelfall ist zu prüfen; aber er wer reinen Internetempfang glaubhaft machen kann, hat gute Chancen.

Rund 160 Beschwerdeführer

Arnold Gangl, Rechtsanwalt in Salzburg, hat einen dieser Webuser vertreten – den ersten, der im Spätsommer 2014 beim Bundesverwaltungsgericht in der Sache gegen die GIS Recht bekam. Er widerspricht heftig der Position von GIS-Chef Harald Kräuter im STANDARD-Interview. Kräuter sagt: Jene, die klagten, bekommen Geld zurück. Alle anderen können sich nun – schriftlich – abmelden, die Entscheidung gelte für sie ab der Veröffentlichung des höchstrichterlichen Erkenntnisses.

Nach STANDARD-Infos dürften bisher rund 160 Web-Userinnen und -User gegen die bisherige GIS-Position vorgehen, dass sie dafür Rundfunkgebühren zahlen müssen.

Wie rückfordern?

Gangl sieht das als "rechtlich verfehlt". Und grundsätzlich sehen auch andere vom STANDARD befragte Rundfunkjuristen eine Rückforderung als rechtliche Möglichkeit. Sie verweisen etwa auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aus 2013, wonach Rundfunkgebühren nicht mit An- oder Abmeldung fällig beziehungsweise beendet werden – sondern mit dem Betrieb des entsprechenden Geräts. Und: Nach dieser Entscheidung verjähren solche Abgaben nicht.

Betroffene müssten klagen

Die Betroffenen müssten nun, so sagen vom STANDARD befragte Rundfunkjuristen, klagen, um zu Unrecht bezahlte Gebühren zurückzubekommen. Bei jenen, die noch nicht den Rechtsweg beschritten haben, könnte ein Punkt freilich schwierig werden: Sie müssten in der Vergangenheit ihren technischen Zugang nachweisen. Und Anmeldungen sollen zeitweise, aber nicht durchgängig die Empfangsart dokumentieren. Nachsatz eines der – von der GIS durchwegs unabhängigen – Rechtsexperten: Die GIS müsse von sich aus nichts unternehmen.

Fairness-Appell

Anwalt Gangl sieht das – nicht zuletzt moralisch – anders: "Es wäre wohl mehr als angebracht, wenn eine Institution, die viel Geld für Werbung ausgibt, um an die Gesetzestreue, Ehrlichkeit und Lauterkeit der Bürger betreffend der GIS Anmeldung zu appellieren, sich selbst mindestens so fair verhält und allen Betroffenen von sich aus die zu Unrecht eingehobenen Beträge zurückerstattet, und nicht nur denen, die einen ohnehin beschwerlichen Rechtsweg bestritten haben. Jede andere Vorgangsweise ist eigentlich ein Armutszeugnis für die GIS, den ORF und schlussendlich unser ganzes Gebühren – und Rechtssystem."

Gangl zum STANDARD: "Die GIS kann bei nicht rechtzeitiger Bezahlung vergleichbar dem Finanzamt einen sofort vollstreckbaren Rückstandsausweis ausstellen, was sie auch bei reinen 'Internetforderungen macht'. Der Anwalt verweist auf einen Klienten, bei denen die GIS bis zur Gehaltspfändung gegangen sei.

GIS: Jeden Einzelfall prüfen

Christian Kopff, Leiter der Rechtsabteilung der GIS, räumt auf STANDARD-Anfrage ein: "Wir werden in jedem Einzelfall den Sachverhalt genau ermitteln müssen." Denn, so Kopff: Rückzahlungen – formal sind das "rückwirkende Abmeldungen" – "kommen dann infrage, wenn der Rundfunkteilnehmer glaubhaft machen kann, dass er tatsächlich Radio nur über Internet konsumiert hat."

Anmeldeformular oder Mitteilung an GIS

Wie kann er oder sie das glaubhaft machen? Wenn zum Beispiel auf dem Anmeldeformular dokumentiert ist, dass er nur über diesen Weg Radio hört, erklärt Kopff; oder wenn der Gebührenzahler der GIS diesen Empfangsweg schon auf eine andere Art – etwa telefonisch – mitgeteilt habe. (red, 21.7.2015)