Naturidylle im Nordburgenland. Das Restaurant Seejungfrau liegt im Yachthafen von Jois.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Langustenschwanz auf schwarzen Nudeln, die dank Zitronengras aromatisch in Richtung Spülmittel kippen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Blick von der Terrasse der Seejungfrau ist einzigartig schön: die Joiser Lagune, die Hänge des Leithaberges, fliegende Störche und schaukelnde Segelboote – mehr und besser Neusiedlersee geht nicht. Bis zur Renovierung in diesem Frühjahr versprühte das Lokal eher den Charme einer albanischen Badehütte, nun wurde es rundum erneuert und um eine "Chill-out-Lounge" und eine Bar erweitert – das Ergebnis ist adrett mit einem Hauch von Obi-Holzabteilung. Wer hier sitzt, schaut aber sowieso nicht Richtung Haus, sondern auf die Pracht aus Schilf, Wasser und Sonnenuntergang.

Da ist leicht, zu vergessen, dass man nicht in Thailand oder einem anderen Tropenparadies sitzt, sondern bloß 45 Autominuten entfernt von Wien – verständlich, dass auch die Küche sich am asiatisch-burgenländischen Cross-over versuchen will. Doch leider gelingt das dort nicht ganz so gut. Bisher gilt: je einfacher, desto besser ist das Essen. Die "hausgemachten Fischstäbchen vom Zander", auf der Kinderkarte versteckt, sind eine gute Idee und schöne Verwertung für das, was nicht perfekt dickes Filet am Fisch ist. Die panierten Zanderstücke sind außen knusprig, innen saftig und auf den Punkt frittiert. Wäre noch eine hausgemachte Sauce dabei, es wäre ein gar nicht so kleines Fest für 7,20 Euro.

Wer so was mag und "Surf and Turf" bestellt, bekommt ein butterweiches Rindsfilet und eine ansehnliche Riesengarnele, knusprige Rosmarinerdäpfel und grad richtig angekokeltes Gemüse vom Grill – durchaus genießbar. Und auch die "Crêpes mit Zitrone oder Marille" erfrischen hinterher angenehm süßsauer an einem Sommerabend.

Papaya-Eierschwammerl-Salat klingt schrecklich, schmeckt aber ganz köstlich – die süß-cremige, vorbildliche, reife Papaya harmoniert mit den fleischig-erdigen Pilzen wie knuspriger Speck mit weichem Ei. Leider ist der Salat nur eine Beilage. Bei vielem anderen tut's einem etwa leid um die an sich superen Zutaten. Kürzere Garzeiten, weniger Klimbim und mehr Vertrauen in die Schönheit guter Braterdäpfel täten gut.

Exotische Experimente

Die Fische und Meeresfrüchte abseits der Kinderkarte waren allesamt auf die zu sichere Seite gegart, vor allem beim Langustenschwanz schmerzt das. Die schwarzen Nudeln unter dem Krustentier kippten dank Zitronengras aromatisch eher in Richtung Spülmittel als Exotik. Warum der Atterseesaibling, den der feine Pilz-Tropenfrucht-Salat begleitet, ausgerechnet im Bananenblatt gebraten wurde, und was das Blatt generell beitragen soll, erschloss sich nicht.

Das Beef tartare ist vorbildlich handgeschabt, aber für Paprika-Junkies gewürzt, die eingelegten Trüffelscheiben, die es zur Praline adeln sollen, schaffen etwas für Trüffeln Ungewöhnliches und stören. Der roh marinierte Lachs auf Avacodosalat schmeckt genauso fad, wie er klingt, die "gebratene Gänseleber mit Balsamico-Kirschen" ist eh fein, hat aber einen Nachgeschmack von Herbst und Biederkeit.

Im Gegensatz zur Speisekarte ist die Weinkarte streng regional gehalten: Bis auf eine Handvoll Flaschen kommen alle Posten aus Jois. Neben Weinen von Lokalmatador Markus Altenburger gibt es auch weniger Bekanntes, Spannendes, etwa eine ungeschwefelte Cuvée aus Traminer, Weißburgunder und Grüner Veltliner vom Weingut HST in Jois. Das lässt sich wunderbar am Steg nach einem Badetag trinken. Und wem die Joiser Bucht exotisch genug ist, für den gibt's an der Bar Backhendlsalat.(Tobias Müller, Rondo, 24.7.2015)