Wien – Die Klimaerwärmung wirkt sich stark auf die Seen der Arktis aus: Waren die Wassermassen früher recht stabil geschichtet, kommt es nun regelmäßig zu einer kompletten Durchmischung von warmem Oberflächen- und kaltem Tiefenwasser – "mit massiven Auswirkungen auf die Lebewelt", wie Günter Köck vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erklärt.

Langzeitprojekt

Seit 1997 untersuchen österreichische und kanadische Forscher in Seen auf kanadischen Arktisinseln rund um die Siedlung Resolute Bay auf Cornwallis Island die Anreicherung von Schwermetallen und organischen Schadstoffen sowie die Einflüsse von Klimaveränderungen auf Seesaiblinge. Das Projekt "High-Arctic" ist damit nach Angaben Köcks das am längsten laufende Arktis-Projekt Österreichs. Am Donnerstag startet das Team seine 19. Expedition.

Ausgangspunkt war eine Studie in den 1990er-Jahren, in der sich ein Zusammenhang zwischen Metallanreicherung, etwa Quecksilber, in Seesaiblingen aus Tiroler Hochgebirgsseen und Klimaänderungen erkennen ließ. Ob sich dies auch im hohen Norden zeigt, untersuchen die Forscher an insgesamt etwa 30 arktischen Seen.

Erwärmung mit Folgen

Die Klimaerwärmung ist in diesen Breiten jedenfalls deutlich spürbar: "Seit den späten 1980er Jahren ist die durchschnittliche Sommertemperatur um rund zwei Grad Celsius angestiegen, seit 2004 sogar um vier Grad gegenüber der Zeit vor 1980", sagte Köck.

Wie sich das auf die Veränderung der Temperaturschichtung und der Wasserzirkulation der Seen auswirkt, wollen die Wissenschafter mit vor drei Jahren in mehrere Seen eingebrachten automatischen Sensor-Ketten auswerten. Im Vorjahr konnten sie aber aufgrund des schlechten Wetters und der starken Eisbedeckung nur wenige davon bergen, sagte Köck.

Diese ersten Daten zeigen nach Angaben des Wissenschafters aber deutlich, dass sich die Seen bereits deutlich verändert haben: Sie sind nicht nur viel länger eisfrei, auch ihr Typus ändert sich völlig. "Früher waren dies amiktische Seen, in denen die Wassermassen recht stabil geschichtet sind. Nun ändern sie sich in Richtung dimiktische Seen, in denen es zwei Mal jährlich zu einer Durchmischung kommt", erklärte Köck.

Erwärmung bis zum Boden

Grund dafür ist, dass sich im Sommer an der Oberfläche eine Warmwasserschicht mit relativ hoher Temperatur (zwölf bis 13 Grad Celsius) bildet. Wenn dann Mitte August starker Wind einsetzt, wird der komplette See durchmischt und das gesamte Seewasser erwärmt sich bis zum Boden. "Wenn das Wasser dort unten nicht nur zwei, sondern zehn Grad Celsius hat, hat das massive Auswirkungen auf die Lebewelt, die wir noch gar nicht richtig abschätzen können", sagte Köck. Es seien Veränderungen der Artenzusammensetzung und damit des Nahrungsangebots der Fische zu erwarten.

Köck führt aber auch eine weitere Entwicklung auf diese Veränderungen zurück: Die Langzeitdaten würden deutlich zeigen, dass in den meisten Seen die Quecksilberkonzentrationen in den Fischen seit etwa 2005 kontinuierlich abnehmen. "Dabei sinken die Konzentrationen in den Fischen erheblich schneller als die im selben Zeitraum ebenfalls abnehmenden, Quecksilberkonzentrationen in der Atmosphäre", so Köck, der sich sicher ist, dass dies mit den klimabedingten Veränderungen der Seen zu tun hat. Als Gründe dafür würden Veränderungen im Nahrungsspektrum der Fische, temperaturbedingt höhere Quecksilber-Ausscheidungsraten bei den Fischen, aber auch Veränderungen im Wasserchemismus in Frage kommen. (APA, 22.7.2015)