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Land der Märkte, segensreich?

Foto: APA/dpa/Uwe Zucchi

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Grafik: APA

Wien – Die Verkaufsflächen im Einzelhandel sinken dramatisch. Zum einen wandert das Geschäft ins Internet ab, zum anderen gibt es eine Verschiebung der traditionellen Standorte hin zu Einkaufs- und Fachmarktzentren. Abgesehen vom Lebensmitteleinzelhandel gingen die Verkaufsflächen im Vorjahr in allen Branchen zurück. Für Handelsobmann Peter Buchmüller ist das nicht nur schlecht: "Die Umsätze pro Quadratmeter sind hierzulande ja bescheiden."

Besonders betroffen war der Uhren- und Schmuckhandel, wo die Flächen im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf 70.000 Quadratmeter einbrachen. Hohe Rückgänge gab es auch bei Geschäften, die Fotoartikel beziehungsweise optische Artikel (–4 Prozent auf 120.000 m2) verkaufen, bei Sportartikelhändlern (–4 Prozent auf 730.000 Quadratmeter), in den Bereichen Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte (–3 Prozent auf 300.000 Quadratmeter), im Schuh- und Lederwareneinzelhandel (–3 Prozent auf 410.000 Quadratmeter) sowie im Bau- und Heimwerkerhandel (–3 Prozent auf 2,85 Millionen Quadratmeter). Die meisten Flächen beansprucht der Lebensmittelhandel – dort gab es 2014 ein leichtes Plus von einem Prozent auf 3,27 Millionen Quadratmeter.

Im Zeitraum 2004 bis 2014 sperrten in Österreich 7.600 Einzelhändler zu, ein Rückgang um 16 Prozent, ergab eine Analyse der KMU Forschung Austria, die am Dienstag im Rahmen der Halbjahrespressekonferenz präsentiert wurde. Demnach gab es im Vorjahr 39.900 Einzelhandelsgeschäfte. Ein Stopp dieser Entwicklung sei nicht zu erwarten. "Die Zahl der Geschäfte wird weiterhin abnehmen", prognostizierte Ernst Gittenberger von der KMU Forschung Austria. Österreich liege bei der Verkaufsfläche je Einwohner weltweit im Spitzenfeld.

Erstmals seit 2010 reale Umsatzzuwächse

Erstmals seit dem zweiten Halbjahr 2010 hat der österreichische Einzelhandel wieder reale Umsatzzuwächse erzielt. In den ersten sechs Monaten 2015 zogen die Erlöse inflationsbereinigt um 0,5 Prozent an, geht aus Zahlen der KMU Forschung Austria vom Dienstag hervor. Hauptverantwortlich dafür war die gute Entwicklung in der größten Branche, dem Lebensmittelhandel ( plus 2,1 Prozent). Hier werden ein Drittel der Umsätze erwirtschaftet. Dass der hierzulande wiederholt kritisierte mangelnde Wettbewerb dafür verantwortlich sein könnte, weist Handelsobmann Buchmüller vehement zurück.

Branchensieger im Halbjahr war allerdings der Sportartikelhandel, wo die Umsätze inflationsbereinigt um 5,6 Prozent zulegten. Die gute Wintersaison macht Handelsobmann Buchmüller dafür verantwortlich. Auch Kosmetikartikel waren gefragt und sorgten in den Geschäften für höhere Umsätze (+2,9 Prozent). Weniger gut lief es für Schuhhändler (–2,8 Prozent), Elektrohändler (–1,4 Prozent), Buchgeschäfte (–2,7 Prozent) und Uhren- und Schmuckhändler (–2,2 Prozent). Die Preissteigerungen im Einzelhandel lagen mit 0,7 Prozent erneut unter der allgemeinen Inflationsrate (0,9 Prozent).

Wenig Grund zum Jubeln im internationalen Vergleich

Ertragsseitig sieht die Lage anders aus. "Knapp die Hälfte der Betriebe bilanziert nicht positiv", räumte Handelsobmann Peter Buchmüller ein. Auch im EU-Vergleich steht Österreich schlecht da, was Ernst Gittenberger von der KMU Forschung aber vor allem darauf zurückführt, dass Österreich vergleichsweise gut durch die Krise tauchte und nun geringere Wachstumsraten hat als andere Länder, die jetzt erst aufholen. Von Jänner bis Mai 2015 verzeichnete der heimische Einzelhandel laut Eurostat ein reales Umsatzplus von 1,6 Prozent – der EU-Schnitt lag bei drei Prozent.

Die Zahl der Beschäftigten blieb im Halbjahr mit 325.000 (–0,1 Prozent) stabil. Die Teilzeitquote beträgt 48 Prozent – Tendenz steigend.

Den Ausblick für das zweite Halbjahr bewertet Buchmüller positiv. 17 Prozent der von der KMU Forschung befragten Unternehmen erwarten eine Verbesserung der Geschäftsentwicklung, 72 Prozent rechnen mit einem stabilen Geschäftsverlauf. Allerdings geht auch etwa jeder Zehnte von Umsatzrückgängen aus. (APA/rebu, 28.7.215)