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Proteste für und gegen die Todesstrafe in Indien.

Foto: APA/EPA/HARISH TYAGI

Mumbai – Ein Bad, eine letzte Mahlzeit und ein Gebet: diese drei Dinge gewährten die indischen Behörden jenem Mann, der laut Urteil für eines der folgenschwersten Attentate in Indien verantwortlich war, vor seiner Hinrichtung im Bundesstaat Maharashtra.

Mehr als 22 Jahre nach den blutigen Bombenanschlägen in Mumbai ist Yakub Memon exekutiert worden. Kurz zuvor war ein letztes Gnadengesuch abgelehnt worden. Es war die vierte Hinrichtung in Indien seit 2000.

Das Todesurteil gegen Memon war umstritten. Er war der einzige von elf Verurteilten, dessen Todesstrafe im Zusammenhang mit der schwersten Anschlagsserie in der Geschichte des Landes aufrecht gehalten wurde.

Die Bombenattentate vom 12. März 1993 hatten sich unter anderem gegen die Börse in Mumbai, ein Kino, die Niederlassung von Air India, ein Luxushotel und zwei belebte Märkte gerichtet. 257 Menschen wurden damals getötet. Für die Taten wurden Mitglieder der muslimischen Minderheit verantwortlich gemacht. Die mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für die Attacken wurden bisher nicht gefasst.

Rache für Zerstörung einer Moschee

Laut Anklage wurden die Anschläge als Rache für die Zerstörung der Babri-Moschee in Ayodhya durch militante Hindus durchgeführt. Im Dezember 1992 löste die Tat landesweite Unruhen aus, 1.000 Menschen kamen zu Tode, die meisten davon Muslime.

Umstrittenes Todesurteil

Memon soll die Anschläge am 12. März 1993 mitgeplant und finanziert haben. Memon hatte eine Beteiligung dementiert, das gegen ihn verhängte Todesurteil spaltete die indische Gesellschaft. Menschenrechtsaktivisten wandten sich gegen Memons Hinrichtung. Auch der frühere Richter an Indiens Oberstem Gericht, Harjit Singh Bedi, rief das Tribunal auf anzuerkennen, dass Memon mit den Ermittlern zusammengearbeitet und freiwillig aus Pakistan nach Indien zurückgekehrt sei.

Kurz vor den Anschlägen war Memons Familie nach Dubai gereist, später floh sie nach Pakistan. 1994 kehrte sie nach Indien zurück. Acht Familienmitglieder wurden festgenommen. Memons Vater starb während des langen Verfahrens, drei Verwandte wurden freigesprochen und drei andere schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt.

Memon wurde 2006 mit zwei seiner Brüder von einem Sondergericht verurteilt, das auf Grundlage einer umstrittenen Anti-Terror-Gesetzgebung agierte, die nach den Anschlägen in Mumbai beschlossen worden war.

Indische Parlamentsabgeordnete und Wissenschaftler hatten Anfang der Woche ein Gnadengesuch unterschrieben. Bollywood-Superstar Salman Khan twitterte, dass stattdessen die eigentlichen Strippenzieher gefunden und gehängt werden sollten.

100 Menschen verurteilt

Als führende Köpfe der Attacken gelten der Unterwelten-Boss Dawood Ibrahim und Tiger Memon, der Bruder des nun Hingerichteten. Beide werden im Nachbarland Pakistan vermutet. Insgesamt wurden 100 Menschen im Zusammenhang mit den Mumbai-Attentaten verurteilt. Elf erhielten die Todesstrafe, die aber in zehn Fällen in lebenslange Haftstrafen umgewandelt wurde.

Nach jüngsten verfügbaren Daten von Ende 2013 sitzen rund 400 Menschen in Todeszellen in indischen Gefängnissen. Die Strafe wird nur noch sehr selten vollstreckt. Staatschef Pranab Mukherjee wies in den vergangenen drei Jahren aber eine Reihe von Gnadengesuchen ab und beendete damit ein achtjähriges de-facto-Moratorium der Todesstrafe.

Alle in den vergangenen zehn Jahren in Indien Hingerichteten waren wegen Terrorismus verurteilt worden: Der Pakistaner Ajmal Kasab, einer der Attentäter von Mumbai 2008; der Kaschmirer Mohammad Afzal Guru, der in den Sturm auf das indische Parlament 2001 verwickelt gewesen sein soll. Und der nun hingerichtete Memon. (red, APA, 30.7.2015)