Fromme Hunde und wilde Köter neben ekstatischen oder spirituellen Körpern: Arbeiten von Yan Pei-Ming ("Chien de nuit"...

Foto: Galerie Ropac

... und "Pape Francois", beide 2015) in der Galerie Ropac,...

Foto: Galerie

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...von Alois Mosbacher ("Agave", 2015 und...

Fotos: Alois Mosbacher / Galerie Trapp

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..."Frühe Lust (III)", 2015) in der Galerie Trapp...

Foto: Alois Mosbacher, Galerie Trapp

...sowie von Arnulf Rainer ("Schreckversteck", 1973) und...

Foto: Galerie Heike Curtze und Petra Seiser

...Nestor Kovachev ("Selbstbildnis als Künstler #8", 2010) in der Galerie Heike Curtze und Petra Seiser.

Foto: Galerie Heike Curtze und Petra Seiser

Salzburg – Höllenhund und, ja, Schlüsselmeister, das ist einer der ersten Gedanken, der einem in den Sinn kommt, wenn man die Galerie Ropac in Salzburg betritt: Ein Köter fletscht die Zähne, dass einem ganz bange werden könnte, daneben ein Bildnis von Papst Franziskus, Vertreter Petri auf Erden und so bekanntlich jener, der den Schlüssel zur Kirche Jesu verwaltet.

Eine doch eher extravagante Bilderliaison eines im Gebet versunkenen Kirchenoberhaupts und eines furchtbar aggressiven Kläffers. Wie das Tier – ein Pitbull? – seine Beine in den Boden stemmt und ihm der Geifer aus dem Maul sabbert, lässt Erinnerungen aufflackern an die gar nicht netten Wauwaus Zuul und Vinz, die beiden Höllenhunde in Ivan Reitmans 80er-Jahre-Kultfilm Ghostbusters; fiese, humorlose Viecher, in die sich Torwächter und Schlüsselmeister – oops! – verwandelten. Vermutlich aber hatte der Künstler, der Chinese Yan Pei-Ming, der 1981 im Alter von 21 Jahren vor dem Regime in Richtung Paris flüchtete, nicht unbedingt die Abenteuer der Geisterjäger vor Augen. Ein viel wahrscheinlicherer Grund als eine solche anmaßende Verquickung von Papst und Populärkultur ist Mao der Große, an dem sich Pei-Ming schon im Zeichenunterricht der Schule versuchen musste.

Yan Pei-Ming: "Face au chien", 2015
Foto: Galerie Ropac

Seither scheinen es ikonenhaft verehrte Figuren, Personen der Macht zu sein, an denen sich Pei-Ming abarbeitet – ja abarbeiten muss. Barack Obama oder den Finanzjongleur Bernard Madoff bannte er auf seine monumentalen Leinwände, wiederholt aber ebenso Ikonen der Kunstgeschichte wie die Mona Lisa oder den Gekreuzigten; oft kombiniert er solches mit Gemälden von Dollarnoten, Soldaten, Kindern.

Im Stil ist er gestisch-expressiv. Obwohl mit den groben Malstrichen in reduzierter Farbpalette abertausendfach reproduzierte Medienbilder in eine gefühligere, ausdrucksstärkere Malerei und große, überwältigende Formate übersetzt werden. Expressivität ist hier eher angelerntes Stilmittel, keine freie Malerei wie bei Francis Bacon oder Velázquez, zwei Zauberern der Malerei, die im Zusammenhang mit Yan Pei-Ming gerne als Referenz zitiert werden. Und des Barockmeisters Porträt von Papst Innozenz X. hat Pei-Ming ebenso kopiert wie Goyas Erschießung der Aufständischen.

Die Ängste und Bürden dieser Personen interessierten ihn, liest man. Oder: Das verbindende Element von Papstmalereien und seinen Gemälden von Tiger, Pitbull und Terrier sei Macht und Kraft. Aber das klingt als Erklärung etwas billig. Wie viel chinesische Bildtradition, wie viel westliche Kunstgeschichte im Schnelldurchlauf, wie viel Prinzip Warhol findet sich in Yan Pei-Mings Malerei? Monumental ist sie und ein vitales Malstatement. Wie politisch, wie sehr an Fragen der Gegenwart interessiert, wird jedoch nicht wirklich klar. Die angeknurrten Päpste allerdings in Salzburg, dem früheren Sitz der Fürsterzbischöfe, zu zeigen, das hat schon etwas.

Antony Gormley: "Expansion Field" (2014)
Foto: Galerie Ropac

Diese Position der Malerei ergänzt die Galerie in der Ropac Halle mit einer der führenden internationalen Bildhauerpositionen: Antony Gormley. Präsentiert werden Arbeiten aus dessen Serie Expansion Field (2014) aus Cortenstahl, in der sich der Brite neuerlich der Erforschung des menschlichen Körpers widmet.

Mit Albernem gedemütigt

Weniger rätselhaft als die Hundebilder von Pei-Ming erscheint, trotz eines die Würde ankratzenden Kopfschmucks, ein neues Hundeporträt von Alois Mosbacher. Nach dem Motiv des Waldes, das er als Symbol für Nischen und Freiräume in der Gesellschaft einsetzte, hat sich Mosbacher in herrlich frischen Bildern dem Wildwuchs des Gartens gewidmet. Es sind Gedankenparadiesgemälde, die nun, da Mosbachers Galeristen, Heidi und Ferdinand Altnöder, sich 2014 vom Standort Sigmund-Haffner-Gasse verabschiedeten, um sich fortan anderen (Forschungs-)Projekten zuzuwenden, bei Gerald Trapp in der Griesgasse zu finden sind.

Dort stellt derzeit auch der Bildhauer Peter Niedertscheider seine raffinierten Rilievo Schiacchiato aus. Denn die im italienischen Quattrocento beliebte, superflache Relieftechnik in Marmor – manches ist darin nur noch geritzte Linie – führt Niedertscheider (geb. 1972 in Lienz), der einst bei Alfred Hrdlicka und Brigitte Kowanz studiert hat, in die Gegenwart über: Benvenuto Cellinis Perseus mit dem Medusenhaupt oder auch Giambolognas Raub der Sabinerinnen, Meisterwerke des italienischen Cinquecento, die noch heute in den Arkaden der Loggia dei Lanzi in Florenz stehen, zeigt er etwa umringt von einer Menge Touristen.

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Peter Niedertscheider: "Faun" (2015)
Foto: Peter Niedertscheider, Galerie Trapp

Aber im Material Marmor wird das Getümmel der Menschen und der Stein der Skulpturen gleichwertig, und so scheint manch auf den Stufen ausruhender Tourist antikische Züge zu tragen, als ob Niedertscheider eine Figur aus einem Renaissance-Bild kopiert hätte. Das Beobachten und Betrachten ist Thema: Museumsbesucher, die vor Antonio Canovas Amor und Psyche (1808) fast die Hosen verlieren oder Rucksacktouristinnen, deren Blick angesichts des trunkenen Satyrs (dem sogenannten "Barberini Faun") der griechischen Antike etwas tiefer rutscht, sind zum Niederknien komisch.

Heike Curtze erweist zum 40-Jahr-Jubiläum (siehe "Der Kuchen war früher kleiner") in ihrer Festspieldependance mit der kleinen Schau Hommage an Arnulf Rainer einem Schwerpunkt der Galerietätigkeit ihre Reverenz. Der Fokus liegt auf Rainers Körpersprachenideen und Fingermalereien. Präsentiert werden sogar einige unverkäufliche Werke, darunter etwa das frühe Bild Ausgießung des Hl. Geistes von 1952. Weitergesponnen wird das Körperthema im Obergeschoß mit Arbeiten jüngerer Künstler, wodurch sich ein wunderbarer Dialog von Nestor Kovachevs Blatt Selbstbildnis als Künstler #8 (2010) mit der 37 Jahre älteren Rainer-Zeichnung Schreckversteck ergibt. (Anne Katrin Feßler, Album, 5.8.2015)

Ein zweiter Teil des Sommer-Galerienspiegels Salzburg
erscheint am 15. August.


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