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Kärnten sucht derzeit fieberhaft nach einem Rettungsring, um nicht von der Last der Hypo-Haftungen in die Tiefe gezogen zu werden. Viel Luft zum Atmen hat das Land nicht mehr.

Foto: APA/Barbara Gindl

Wien – In Brüssel, Wien und Klagenfurt wird derzeit heftig an der Frage Beteiligung der Heta-Gläubiger gerungen. Die zentralen Punkte: Hält die geplante Abwicklung, durch die Investoren statt Steuerzahler zur Kasse gebeten werden sollen, vor Gerichten und EU-Kommission? Und wenn ja: Wie soll es gelingen, dass die Altlasten der Hypo Alpe Adria wegen der Landeshaftung nicht wieder auf Kärnten und/oder den Steuerzahler zurückfallen?

In Brüssel wird die Angelegenheit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, Spitzen der heimischen Bankenaufsicht mussten schon Rede und Antwort stehen. Dass es zu keinem Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich kommen wird, wie Finanzminister Hans Jörg Schelling vor gut einem Monat gemeint hatte, halten Insider in der EU-Kommission für mehr als fraglich.

Der zuständige Kommissar Jonathan Hill hat sich nun jedenfalls weit skeptischer geäußert als noch im Frühjahr. Die derzeit mit Klagen befassten Zivilgerichte könnten die Angelegenheit vor den Europäischen Gerichtshof bringen, heißt es in einer Stellungnahme des Finanzkommissars. Ob die entsprechende EU-Abwicklungsrichtlinie anwendbar ist, sei "komplex und erfordert daher eine eingehende sachliche und rechtliche Prüfung", meint Hill in einer Anfragbeantwortung des deutschen EU-Mandatars Burkhard Balz (CDU).

Maßstab Insolvenz

Was auf den ersten Blick nicht allzu vielsagend klingt, werten Kenner der Materie als kritischen Hinweis. Immerhin hatte Hill noch im April betont, dass die österreichische Vorgangsweise nach vorläufiger Ansicht durch die EU-Richtlinie gedeckt sei. Ergänzend fügt er auf die entsprechende Frage von Balz hinzu, dass nach den EU-Abwicklungsvorgaben kein Gläubiger größere Verluste tragen darf als im Falle einer Insolvenz.

Dieser ohnehin in der Richtlinie verankerte Grundsatz trifft nun wiederum das Land Kärnten mit voller Wucht. Die Gläubiger können ja den durch den Schuldenschnitt erlittenen Schaden, den die Heta unter Anleitung der Finanzmarktaufsicht verfügen wird, an Klagenfurt weiterverrechnen.

Rettungsring gesucht

Dabei erweist sich das jüngste Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum Totalausfall auf Nachranganleihen aus dem Vorjahr als Bumerang für Kärnten: Bei einer Quote der Gläubiger mit "normalen" Anleihen von – beispielsweise – 55 Prozent, muss Kärnten für die Differenz von 45 Prozent geradestehen. Die Nachranganleihen werden in der Abwicklung hingegen als letztes Forderungspapier bedient und sind daher wertlos. Hier könnten die Gläubiger Kärnten dann 100 Prozent in Rechnung stellen.

Die Landesregierung und die ebenfalls haftende Landesholding (KLH) suchen schon länger einen Rettungsring, weil der drohende Schaden von rund fünf Milliarden Euro wohl zum Kollaps führen würde. Die Landesholding, die den 500 Millionen Euro schweren Zukunftsfonds verwaltet, hat vorsorglich ihre Haftung angefochten. In einem von der BayernLB angestrengten Verfahren wurde argumentiert, dass die unbefristete und unbeschränkte Haftung der Holding gegen das EU-Beihilfeverbot verstoße und nicht anzuwenden sei.

Ungleichbehandlung

Zudem ortet die KLH eine Ungleichbehandlung, weil ihre Haftung weiter reicht als die des Landes Kärnten (diese endet im April 2017) und regte daher ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof an. Das Landesgericht hat bereits einen entsprechenden Antrag an das Höchstgericht gestellt und die Aufhebung von § 4 KLH-Gesetz beantragt, wie ein Gerichtssprecher bestätigt.

Und das Land selbst? Dort wird derzeit Inventur geführt: Das nicht für hoheitliche Aufgaben notwendige Vermögen wird geschätzt, der Betrag soll den Gläubigern als Gegenwert für die Haftung angeboten werden. Derzeit ist von einer Milliarde Euro die Rede, was zehn Prozent der Heta-Schulden entspräche. Dazu meint ein Investor: "Damit werden wir uns nicht abspeisen lassen."

Die Heta hat nicht nur finanzielle Abgänge zu verkraften: Am Freitag vermeldete sie das Ausscheiden des erst seit März amtierenden Vorstandsmitglieds Rainer Jakubowski. (Andreas Schnauder, 1.8.2015)