The "Cyborg Beast"-Prothese wurde von Jorge Zuniga, Ivan Owen und Peter Binkley entwickelt.

Foto: enablingthefuture.org / Jorge Zuniga / Ivan Owen / Peter Binkley

Omaha (Nebraska) – Für Menschen ohne soziale Absicherung, die sich Hightech-Prothesen nicht leisten können, wäre die "künstliche Hand" aus dem 3-D-Drucker eine enorme Hilfe. Doch noch sind die Prototypen nicht massentauglich.

Jorge Zuniga aus Omaha im US-Bundesstaat Nebraska hat eine Mission: Individuell angepasste, günstige Prothesen für Menschen, die sich das sonst nicht leisten könnten. "Aber es ist noch zu früh, um der Masse helfen zu können", sagt er.

Der Wissenschafter leitet an der Creighton University das Projekt "Cyborg Beast". "Die Forschung steht noch am Anfang", sagt er. Das einfachste Modell funktioniert rein mechanisch – mit den Muskeln des Trägers. Durch die verschraubten Glieder der Plastikhand laufen Kordeln, die von den Muskeln bewegt werden. Die Finger ziehen sich dann zusammen oder strecken sich.

Das Problem mit den Kosten

Diese Prothesen ermöglichen nur eine Greifbewegung, ähnlich wie eine Zange. "Das ist besser als gar nichts", sagt Boris Bertram, Leiter der Abteilung für Armprothetik an der Universitätsklinik Heidelberg. "Funktionell sind diese Hände sehr gut – auch wenn es nicht dem entspricht, was zum Beispiel in Deutschland Stand der Technik ist." Bertrams moderne Prothesen kosten mindestens 2.000 Euro für eine unbewegliche Variante. Für eine hochfunktionelle Teilhand mit Silikonschaft werden bis zu 75.000 Euro verlangt.

Insgesamt schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung auf eine Milliarde. 80 Prozent davon leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, wo der Zugang zu medizinischer Grundversorgung beschränkt ist. Für die meisten von ihnen sind künstliche Hightech-Gliedmaßen unerschwinglich.

Prothesen als Open-Source-Datei

"Es ist eine große Herausforderung, Prothesen zu jenen Menschen zu bringen, die sie am meisten brauchen", sagt Zuniga. Wo Armut herrscht, ist auch kein 3-D-Drucker vorhanden. Die Organisation "E-Nable" versucht daher, die sogenannte Robohand über eine Online-Gemeinschaft von Freiwilligen zugänglich zu machen. E-Nable bringt über ihr weltweites Netzwerk Patienten und Besitzer von 3-D-Druckern in Kontakt, auch Zuniga ist Mitglied. Auf diesem Weg gibt es die fertige Prothese mitunter sogar kostenlos.

Die Designs von Zuniga und andere Modelle sind im Internet als Open-Source-Datei frei verfügbar. Auf der Website Thingiverse sammeln und tauschen Nutzer digitale Design-Daten. Das Material für einen Hand-Bausatz kostet etwa 20 bis 50 US-Dollar (18 bis 45 Euro). Wer Internet und Zugang zu einem 3-D-Drucker hat, kann eine Hand-Prothese ausdrucken. Manche Druckpläne sind allerdings lizenziert und daher kostenpflichtig.

Wenig hitzebeständig

Die 3-D-Drucker legen durch Schmelzschichtung (Fused Deposition Modeling) Schicht um Schicht von geschmolzenem Plastik aufeinander. Strangpressen bewegen sich in drei Dimensionen und folgen dabei den Koordinaten aus einer digitalen Datei.

Noch ist das Ganze ein Experiment. "Das muss man auch deutlich machen, wenn man solche Hände nach außen gibt", sagt Zuniga. Seine bisherigen Erfahrungen: Bei Temperaturen über 50 Grad Celsius passen die Plastik-Prothesen nicht mehr gut. Und im Gebrauch bricht eine von fünf Händen an irgendeiner Stelle. "Man muss den Leuten sagen: Sie sind nicht sehr haltbar." (APA/dpa, 4.8.2015)