Im Gasthaus Seebauer genießen Tiere und Gäste die Aussicht auf den See gleichermaßen.

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Bei der "Seebauernjause" stammt alles aus eigener Produktion.

Foto: Tobias Müller

Die Sonne versinkt hinter den Bergen um den Gleinkersee, Felsen und Tannenbäume spiegeln sich in seinem grünen Wasser. Die Badegäste genießen die letzten Sonnenstrahlen auf der Liegewiese – dahinter, auf einem abgezäunten Feld, tut ein Schwein es ihnen gleich. Es grunzt zufrieden nach einem langen Tag des Wühlens im Schlamm. Bald wird es in der Extrawurst landen, und wenige Meter entfernt, im Gasthaus Seebauer, mit hausgemachtem Mostessig und Ei serviert werden.

Das Idyll ist doppelt ungewöhnlich: erstens, weil es in Österreich nicht viele so glückliche Zuchtschweine gibt – im Freiland leben und nach Lust und Laune wühlen und sonnenbaden dürfen nur ganz wenige Tiere. Und zweitens, weil der Seebauer eine Art Badebuffet samt Campingplatz und Liegewiese ist. An solchen Orten stammt die saure Wurst sonst meist von sehr geschundenen Kreaturen.

Gutes Essen für bis zu 1.000 Esser pro Tag

Gleinkersee und Seebauer liegen ein bisserl versteckt am Rand des Toten Gebirges, unweit der A9 etwa eine Stunde südlich von Linz. Das Wirtshaus gehört dem Ehepaar Gunda und Klaus Dutzler: Sie erbte den Betrieb von ihren Eltern, er ist ORF-Journalist und Teilzeitwirt. Die zwei versuchen, ihre Idee von nachhaltiger Gastronomie umzusetzen – und zu zeigen, dass gutes Essen auch zu Campinggast-kompatiblen Preisen und für bis zu 1.000 Esser pro Tag möglich ist. Nach vier Jahren Aufbauarbeit kommen sie in dieser Saison ihrem Ziel sehr nah: Erstmals ist fast alles, was hier verkocht und serviert wird, bio und aus der eigenen Landwirtschaft oder der Region.

Neben ihren eigenen Schweinen kooperieren die Dutzlers mit zwei Bauern, die für sie Schweine im Freiland halten. Und auf den Wiesen um den See grast ihre eigene kleine Rinderherde. Alle Tiere werden vom Seebauer-eigenen Fleischermeister in unmittelbarer Nähe geschlachtet, zerlegt und verwurstet. Das Rindfleisch darf 28 Tage reifen, in die Extrawurst kommen gemahlene Veilchenwurzel und Sanddornöl statt Nitrit und Pökelsalz. Die Mühe lohnt sich: Im Seebauer wird zwar ganz klassisches Buffetessen serviert – das aber auf höchstem Niveau.

Die saure Gurke als Feigenblatt

Die "Saure Wurst von der Gleinker Sau" duftet und schmeckt so cremig-intensiv nach Extrawurst, wie sonst nur in verklärten Kindheitserinnerungen. Wem eine Art Wurst auf dem Teller nicht reicht, der kann sich dank "Seebauernjause" durch die ganze Charcuterie-Palette kosten, vom luftgetrockneten Speck bis hin zu erfreulich zart gewürzten Kabanossi. Sogar die Gurke, das vegetabile Feigenblatt auf dem Brett, schmeckt nach erstaunlich viel. Das Laberl im "Seekuh-Burger" stammt, wenn man Glück hat, von einer alten Milchkuh und schmeckt dann entsprechend tief und kräftig fleischig, das Gulasch im dicken Saft wird aus perfekt durchzogenen Stücken geschnitten und über Nacht zu klebrig-weicher Perfektion geschmort.

Von Burgerbrioche über Nockerln bis zu den Mehlspeisen wird alles selbst gemacht – vor allem die wolkigen Buchteln mit nicht zu süßer, leichtfüßiger Vanillesauce gelingen sensationell. Und sogar das Buffetbier ist kein geschmackloses Gschloder, sondern von der Brauerei Gusswerk. Viele Wünsche bleiben da nicht mehr offen – höchstens vielleicht, dass das Angebot an Gemüse noch ein bisserl jenseits des Salats mit – sicher superem – Schafskäse erweitert wird. (Tobias Müller, Rondo, 7.8.2015)