
"Ich bin Feministin", sagt Kopftuchträgerin Nasiha Mumic-Izic.
Wien – Bei handwerklichen Sachen habe immer sie ihrem Vater, einem Maschinentechniker, geholfen: "Weil wir zu Haus nur Menscha san", sagt Nasiha Mumic-Izic lachend und wechselt dann gleich vom Dialekt ins Hochdeutsche.
Die Ingenieurin der Elektro- und Informationstechnik ist in der Nähe von St. Pölten aufgewachsen. Geboren ist sie 1988 in Zvornik, Bosnien und Herzegowina, 1992 flüchtete die Familie nach Österreich. Nasiha war da gerade vier Jahre alt. Ihre jüngere Schwester ist schon in Österreich geboren.
An der HTL in St. Pölten, Abteilung Elektronik, war sie eines von vier Mädchen unter 100 Absolventen. "Die haben sich so verhalten, als seien wir Burschen", erzählt sie. Ein Problem sei das nicht gewesen: "Keine Grenzen setzen, nicht in Stereotypen denken", das haben ihr ihre Eltern mitgegeben. Bildung sei immer das Wichtigste für sie gewesen: "Hart arbeiten, mit wenig auskommen, immer dahinter sein", beschreibt sie ihr Credo.
Arbeiten aus Prinzip, nicht aus Not
Zwei Jahre habe sie nach der HTL als Second-Level-Supporttechnikerin bei der Schrack-Seconet AG in Wien gearbeitet. Dann war sie neben ihrem Studium an der TU Wien als Tutorin beim LernQuadrat tätig. Die Eltern haben sie immer dazu angehalten, zu arbeiten, nicht aus finanzieller Not, sondern aus Prinzip.
Auch hier war sie wieder eine "von zirka zehn Frauen unter 360 Studierenden". Besonders stolz ist sie, dass sie bereits nach einem Jahr am Institut für Elektrodynamik gefragt wurde, selbst Tutorin zu werden. "Da wurde aufs Fachliche geschaut."
Negative Erfahrungen mit Kopftuch
An anderer Stelle habe sie als Kopftuchträgerin auch negative Erfahrungen gemacht: "Da sind in Prüfungssituationen manchmal komische Bemerkungen gefallen." Um auch andere Akademikerinnen aus der muslimischen Community zu unterstützen, engagiert sie sich ehrenamtlich bei der Muslimischen Jugend Österreich.
Sie selbst bekam in einem Förderungsprogramm Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Austria, als Mentorin zugeteilt. "Ich erhielt bei einem Praktikum Einblick in das Technikzentrum Graz und das Haupthaus in Villach", sagt sie. Ihre Bachelorarbeit hat sie für Infineon verfasst, wo sie "extrem positiv" aufgenommen wurde.
"Wurzeln nicht vergessen"
Seit zwei Jahren ist sie verheiratet, den Doppelnamen trägt sie, weil: "Meinen Namen aufgeben, wäre, einen Teil von mir wegzugeben. Man soll seine Wurzeln nicht vergessen." Ihr Mann stammt auch aus Bosnien, studierte Medizin in Graz und sucht eine Ausbildungsstelle zum Pädiater. Das Kopftuch habe sie schon vor der Ehe getragen, aus "religiösen Gründen und persönlicher Überzeugung". "Ich bin aber die Einzige von allen weiblichen Familienmitgliedern."
Sie versteht sich als Feministin: "Weil das für mich nicht einen Kampf der Geschlechter meint, sondern das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben." Einander zu unterstützen sei die Herausforderung in einer Ehe. Ihr Migrationshintergrund sei ein Vorteil: "Wo hinzukommen und wie meine Eltern von vorne anfangen zu müssen macht einen nicht verbittert, sondern stärker." (Tanja Paar, 6.8.2015)