Ein Kerzenmeer soll am Freitagabend das südossetische Zchinwali in ein melancholisches Licht tauchen. "Kerzen weinen für Menschen" heißt die Aktion, die Teil der Trauerveranstaltungen in Südossetien zum Gedenken an den Beginn der georgischen Offensive ist.

Vor sieben Jahren hatte Georgien nach wochenlangen Spannungen und gegenseitigen Provokationen gewaltsam versucht, die abtrünnige Teilrepublik wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Der Angriff endete in einem Desaster für die georgische Armee, die nach anfänglichen Erfolgen gegen die südossetischen Milizen von den zu Hilfe kommenden russischen Truppen vernichtend geschlagen wurde.

Enge Anbindung an Moskau

Mit den darauffolgenden Vorwürfen des Völkermordes gegenüber Tiflis – zunächst war von über 2000 toten Zivilisten die Rede – begründete Moskau kurz darauf die Anerkennung der Souveränität nicht nur Südossetiens, sondern auch der ebenfalls sezessionistischen Teilrepublik Abchasien.

Wirklich unabhängig sind diese kleinen Kaukasus-Republiken freilich bis heute nicht, was nicht nur daran liegt, dass dem russischen Beispiel der Anerkennung bisher nur Venezuela, Nicaragua und Nauru folgten: Beiden Regionen fehlt die wirtschaftliche und politische Potenz zur Eigenständigkeit – und im Falle Südossetiens sogar der Wille. Beide Gebilde lehnen sich daher stark an Moskau an, und die Bevölkerung ist inzwischen fast vollständig mit russischen Pässen ausgestattet.

Häufige Korruptionsskandale

Russland hat nach dem Fünftagekrieg 2008 seine finanzielle Unterstützung stark ausgebaut, wobei die Transferleistungen mitunter spurlos im Kaukasus versickern und immer wieder für Korruptionsskandale sorgen.

Die Budgets beider Regionen sind aber nach wie vor auf das Geld angewiesen: Von den 11,8 Milliarden Rubel (172 Millionen Euro), die der Etat Abchasiens 2015 an Einnahmen ausweist, stammen 8,3 Milliarden aus Moskau, um soziale Bedürfnisse ab zudecken und um die Wirtschaft einigermaßen am Laufen zu halten. Die finanzielle Abhängigkeit Südossetiens ist sogar noch größer: Die Einnahmen von 7,3 Milliarden Rubel bestehen fast vollständig (6,7 Milliarden Rubel) aus russischen Zuschüssen.

Kremlfreundliche Politiker

Im Gegenzug hat der Kreml seinen Einfluss in Sochumi und Zchinwali in den letzten Jahren Schritt für Schritt ausgebaut: Beide Republiken haben per Vertrag ihre Verteidigungs- und Zollkompetenzen de facto an Moskau abgetreten. Allein in Abchasien wurden offiziellen Angaben nach 20 Militärgarnisonen errichtet. Das größte, modernste und bestgesicherte Gebäude in Sochumi gehört dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB.

Unter diesen Umständen ist es unmöglich, von einer eigenständigen Politik der Regionen zu sprechen: Als 2011 in Südossetien überraschend die Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa die Abstimmung gewann und die Bevölkerung gegen die grassierende Korruption des herrschenden Regimes auf die Straße ging, wurde das Machtpatt nach dem Einflug einer Moskauer Delegation schnell aufgelöst: Dschiojewa wurde von der Abstimmung ausgeschlossen und in einer Neuwahl ein kremlfreundlicher Kandidat zum Präsidenten bestimmt. (André Ballin aus Moskau, 7.8.2015)