So, jetzt bin ich blind. Aber: Selber schuld. Denn nur ein Idiot schaut frontal in eine LED-Filmleuchte – und schaltet sie ein. Und auch wenn der untere Knopf auf der "Sidekick Duo" die kleinere der beiden Lampe nicht sofort mit den vollen 600 Lumen, sondern "nur" auf der unteren 150-Lumen-Stufe einschaltet, reicht das: Ich habe mich selbst ins Rennen für den Darwin-Award gebracht. Obwohl ich doch nur schauen wollte … und so weiter.

Die "Sidekick" landete in meinem Postfach, als ich auf ein anderes Dingsbums wartete: die neue GoPro. "Hero 4 Session". Die wurde vor etwa drei Wochen auf den Action-Cam-Markt gebracht – und ist eine nochmal abgespeckte Version jenes minimalistischen Spielzeugs, das heute im Outdoor-Bereich das Maß aller Bildermacher-Dinge ist.

Als ich vor fünf Jahren erstmals im STANDARD – und dann noch ein oder zwei Mal im RONDO) kurz und vor drei Jahren dann ausführlich im "Datum" über die Kamera schrieb, gab es in Europa noch keine GoPro-Niederlassung. Heute arbeiten angeblich allein bei GoPro München über 150 Leute. Meine Bitte um eine Test-"Session" wurde bedauernd-freundlich mit "Sobald wir Testgeräte haben, kriegst du eine – aber wir warten selbst noch" abgeschmettert.

Statt der neuen Kamera kam – von einer anderen PR-Agentur – die "Sidekick". Ich packte aus – und schaltete ein. Obwohl ich durchaus weiß, dass die Lampen des kalifornischen Herstellers "Light & Motion" halten, was sie versprechen. Also gleißend hell sein können.

Foto: Thomas Rottenberg

Die Sidekick ist genau das: gleißend hell. 600 Lumen schafft sie im Flutlicht-Modus – laut Datenblatt – über eine Zeit von 60 Minuten. Im "Low"-Modus (Spot, 150 Lumen) soll sie sechs Stunden durchhalten. Und bevor Sie jetzt sagen, dass das für eine Bergtour oder andere Daueraktivitäten ein bissi kurz sein könnte: Die 123 Gramm leichte Sidekick ist keine Taschenlampe – sondern eine Foto- und Filmleuchte.

Sie will, kann und soll überall dort zum Einsatz kommen, wo die GoPro an ihre Licht-Grenzen stößt. Und das ist im Grunde recht bald der Fall.

Nächtliche Rad- oder Motorradtouren gehören ebenso zum Revier des schlau und einfach an jede Kamerahalterung anschraubbaren Zusatzlichts, wie mittelmäßig ausgeleuchtete Indoor-Funparks (Gokart-Bahnen etwa). Oder Strecken mit heftigem Licht-Schatten-Wechsel. Auch all jene, die etwa beim Höhlenkrabbeln oder Tauchen auf die simple Kamera bisher aus Lichtgründen verzichten mussten, wissen das entweder als Einfach- oder Doppelleuchte verfügbare "Lamperl" zu schätzen. So liest es sich zumindest in den jeweiligen Foren. Und zwar bis in Tiefen von 60 Metern. Technisch gesagt: Die "Sidekick" erfüllt den FL1-Standard.

Die Sidekick ist – was Handling und Bedienung angeht – dem "Mutterschiff" sehr ähnlich: zwei Knöpfe. Einer zum Ein- und Hellerschalten, einer zum Zuschalten des zweiten Scheinwerfers (bei der Duo). Eine schlichte, aber unmissverständliche Ladestandsanzeige – und das war es dann. Was schon beim ersten Angreifen auffällt: Das Teil ist robust. Und will grob behandelt und dreckiggemacht werden. Bei Lampen im Allgemeinen und Film-Foto-Leuchten im Besonderen ist das alles andere als selbstverständlich.

Foto: Thomas Rottenberg

Freilich: Wer auf minutiöse Einstellungen Wert legt, ist hier beim falschen Produkt. So was gibt es nämlich nicht. Auch mit der Kamera synchrones Einschalten oder Auslösen existiert nicht. Aber: Actioncam-Nutzer brauchen so was auch gar nicht. Die wollen genau das, was die über eine Art Schlitten mit USB-Anschluss in 4,5 Stunden komplett aufladbare Lampe kann: Licht. Viel Licht. Und vielleicht auch hin und wieder ein bissi weniger. Und so, dass möglichst der ganze Weitwinkelbereich der Kamera ausgeleuchtet wird. Unter allen Bedingungen. Sonst nix – und genau das tut die Sidekick.

Für Nacht und Gegenlicht

Ich bin kein Taucher. Und ob ich beim Radfahren am Abend tatsächlich mit so einer fetten Lampe Entgegenkommende blenden will (dass das ganz leicht geht, habe ich ja gerade – äh – überprüft), weiß ich nicht wirklich. Einmal, bei einer nur ganz leicht geistesgestörten Nacht-Skiabfahrt in Davos im Jänner, hätte ich das Kameralicht vermutlich geliebt – aber andererseits fanden es die Ski-Blogger und Pro-Freerider vor, neben und hinter mir (u. a. Fabian Lentsch) ja gerade wegen der kompletten Zappendunkelheit ringsum so lustig, nach einem langen Fondue-Abend auf und neben den frisch präparierten Pisten Full-Contact-Combat-Downhill zu spielen …

Egal: Ich bin kein Maßstab. Und hier auch, weil ich eben mehr knipse als filme, nicht die zentrale Zielgruppe. Obwohl ich auch beim Fotografieren bei Schüssen gegen die Sonne hin und wieder ein bisserl Aufhellung in Gesichtern und Vordergründen zu schätzen wüsste: Das ist nämlich auch einer der großen Vorteile der Zusatzlampe. Was mich dennoch abschrecken würde: da eben doch nicht lediglich eine Handvoll Kamera dabei zu haben, sondern doch ein Ensemble an Geräten. Volumen. Masse. Knöpfe: Ich mag den Minimalismus und den Faktor "Zufall" nämlich schon. Andererseits: Abends, auf der Rodelbahn oder im Sonnenuntergang am Strand, könnte ich es mir dann doch wieder überlegen …

Foto: Hersteller

Kurz gesagt: Ich bin zwiegespalten. Doch dass es im semiprofessionellen Bereich Bedarf gibt, die GoPro im Blair-Witch-Project-Modus einsetzen zu können, wusste ich schon, bevor ich die "Sidekick" auspackte. Und das Ding einschaltete.

(Ach ja: Im Lieferumfang enthalten ist auch ein Adapter, mit dem man die Leuchte am Blitzsockel "normaler" Kameras befestigen kann. Die Sidekick ist dann aber nicht über die Kameraelektonik (an)steuerbar. Für Filmer sinnvoll. Für Leute, die mit der SLR aber weiterhin nur Fotos machen, aber ziemlich sicher nicht.

Foto: Thomas Rottenberg

Die Sidekick-Duo von Light & Motion ist online ab etwa 150 Euro zu finden. In Shops habe ich sie noch nicht gesehen. (Thomas Rottenberg, 9.8.2015)

Foto: Hersteller