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Der Anschlagsort im Istanbuler Vorort Sultanbeyli.

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Die Polizei im Einsatz nach dem Anschlag in Sultanbeyli.

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Ein türkischer Polizist in der Nähe des US-Konsulats in Istanbul.

Foto: AP Photo/Lefteris Pitarakis

Ankara/Istanbul – In Şirnak, tief im Südosten der Türkei, scheinen an diesem Tag viele Fäden zusammenzulaufen. Ayhan Gökçe stammt von dort, der 25-jährige Mann, der angeblich am Montag um ein Uhr morgens einen Lastwagen mit einer Bombe vor einer Polizeistation in Istanbul in die Luft sprengte.

In der Provinz Şirnak gab es vergangenen Freitag auch die Straßenkämpfe zwischen jungen Anhängern der kurdischen Untergrundarmee PKK und türkischen Sicherheitskräften. Drei Polizisten wurden dabei erschossen, viele Personen verletzt. Ebenfalls in Şirnak, 1.200 Kilometer weit von Istanbul, an der Grenze zu Syrien und dem Irak, ging am Montag auch eine Mine hoch, als sie ein Polizeifahrzeug passierte. Vier Beamte starben, ein fünfter wurde verletzt. Und die PKK schoss in derselben Provinz am Montagmorgen einen Hubschrauber der türkischen Armee ab. Ein Soldat kam dabei um.

Krieg gegen den Terrorismus

Zwei Wochen alt ist nun der "Krieg gegen den Terrorismus", den Staatschef und Premier nach dem Verlust der Regierungsmehrheit bei den Parlamentswahlen erklärt hatten. Die Kurden der verbotenen PKK sind das Hauptziel von Polizei und Armee. 390 Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans will die türkische Armee bei ihren Bombenangriffen auf Stellungen der PKK im Nordirak seither getötet haben. Schon vor den Wahlen am 7. Juni begann die Waffenruhe zu bröckeln, die der Staat mit dem inhaftierten PKK-Gründer Abdullah Öcalan ausgehandelt hatte.

Dann aber gelang der Kurdenpartei HDP erstmals der Sprung ins Parlament; sie nahm der konservativ-islamischen AKP von Staatspräsident Tayyip Erdogan und Premier Ahmet Davutoglu die Regierungsmehrheit. Am Montagabend sollte in Ankara entschieden werden, ob eine große Koalition mit den Sozialdemokraten gebildet wird.

Zwei Angriffe

Aber auch die linksextreme Terrorgruppe DHKP-C ist seit Ende Juli bei den landesweiten Razzien im Visier der Polizei; weniger auch mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), die Teile Syriens und des Irak erobert hat.

Zweimal schlägt die PKK am Montag vor der Polizeistation in Sultanbeyli zu, einem Arbeiterviertel im Südosten Istanbuls, auf der asiatischen Seite der Millionenstadt. Die Bombenexplosion nach Mitternacht richtet großen Schaden am Gebäude der Polizeistation an; drei Beamte und sieben weitere Personen werden verletzt. Doch als Stunden später, um fünf Uhr morgens, eine Sondereinheit der Polizei den Tatort untersucht, greifen zwei mutmaßliche PKK-Mitglieder ein weiteres Mal an. Der Chef der Polizeieinheit und eine Angreiferin sterben bei dem Schusswechsel; ihr Komplize kann flüchten.

Provokativer Akt

Die DHKP-C schlägt am Vormittag in Istanbul zu. Zwei Mitglieder der linken Terrorgruppe feuern mit Gewehren auf das US-Konsulat. Es soll wohl ein provokativer Akt sein: Das Konsulat liegt wie eine Festung auf einem Hügel im Stadtteil Sariyer im europäischen Teil. Ein Polizist verletzt eine Angreiferin, die 51-jährige Hatice Aşik. Sie war, wie türkische Medien berichten, schon Ende der 1990er-Jahre als Mitglied der Terrorgruppe im Gefängnis.

Kemal Kiliçdaroglu, der Chef der sozialdemokratischen CHP, rief angesichts der Terrorserie zu einer politischen Einigung auf. Die Chancen für eine Koalitionsregierung galten als klein. Erdoğan soll Neuwahlen bevorzugen. Eine von der AKP in Auftrag gegebene Umfrage soll der Partei leichte Stimmgewinne voraussagen. (Markus Bernath, 10.8.2015)