Los Angeles/Würzburg – Die Suche nach Faktoren, die zum weltweiten Niedergang der Bienenpopulationen führen, ist – obwohl ohnehin bereits eine ganze Reihe an Umwelteinflüssen gefunden wurden – um eine Hypothese reicher. Zwei Forscher glauben, dass auch die Sonnenaktivität eine Rolle spielt. Andere Experten betrachten dies mit Skepsis.

Der US-Biologe Tom Ferrari aus Bakersfield (US-Bundesstaat Kalifornien) und Jürgen Tautz von der Universität Würzburg werteten Daten aus der Beobachtung von Würzburger Bienenstöcken aus. Ihnen zufolge ergab die Analyse der Ein- und Ausflugdaten: An und nach Tagen mit hoher Sonnenwind-Aktivität gehen auffällig mehr Sammelbienen verloren als sonst, wie die beiden Forscher im "Journal of Astrobiology & Outreach" berichten.

Die Beobachtung

Tautz misst seit Jahren über Kameras und Sensoren das Verhalten mehrerer Bienenvölker und stellt alle Daten auf der Bildungsplattform "Hobos" (Honey Bee Online Studies) für jedermann nutzbar online. Dabei werden auch die genauen Ein- und Ausflugszeiten aus dem Bienenstock dokumentiert. Ferrari setzte diese Daten von jeweils sechs Monaten aus den Jahren 2012, 2013 und 2014 in Beziehung zu Satellitendaten über Sonnenstürme.

Der Auswertung zufolge gehen an Tagen mit hoher Sonnenwind-Aktivität und danach auffällig mehr Sammelbienen verloren als sonst. Der Sonnenwind ist ein beständiger Partikelstrom, der von der Sonne ausgeht. In besonders aktiven Phasen der Sonne kann es Sonnenstürme geben, die das Erdmagnetfeld stören können. "Die Bienen reagieren in ihrem Verhalten auf die Sonnenwinde. Das ist bewiesen", sagt Tautz. Das hätten auch die Auswertungen eines zweiten Hobos-Bienenstocks im schleswig-holsteinischen Schwartau ergeben.

Erwachsene Honigbienen nehmen magnetische Felder wahr und orientieren sich daran, erläutert Tautz. Veränderungen der Magnetfelder stören demnach ihre Fähigkeit, den Weg zurück zum Bienenstock zu finden.

Einschränkung

Ist die Sonnenaktivität also ein Mitauslöser des Bienensterbens? "Ein derartiger Zusammenhang wäre zu kurz gegriffen", meint dazu der Bienenexperte Werner von der Ohe aus Celle, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung. Er verwies auf wissenschaftlich gesicherte Daten über Ursachen von Bienenverlusten, etwa Schädlinge oder der Einsatz von Chemikalien.

"Der Sonnenwind ist nicht die endgültige Erklärung für das Bienensterben", räumt Tautz aber ohnehin ein. Für gesunde Tiere ohne weitere Belastung sei erhöhte Sonnenaktivität kein Problem. Allerdings würden Stressfaktoren wie knappes Nahrungsangebot, Klimawandel, Schädlinge und chemische Pflanzenschutzmittel die Tiere an ihre Belastungsgrenze bringen.

"Dann kann ich mir gut vorstellen, dass die Sonnenwinde den Bienen den Rest geben könnten", meint Tautz. Die nun erhobenen Daten seien nur ein Anfang, dem weitere Forschung folgen müsse. (APA/red, 10. 8. 2015)