Salzburg/Wien – Die Hitzewellen der vergangenen Wochen dürften am Sonnblick-Observatorium der ZAMG so wenige Frosttage wie selten zuvor in der mehr als 100-jährigen Messgeschichte bringen. Die stetig steigenden Temperaturen im Hochgebirge führen zum Auftauen des Permafrostes, was zu einem Anstieg alpiner Gefahren führen kann. Eine davon, Steinschlag, wird derzeit im Rahmen eines ZAMG-Projekts untersucht.

Das von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik geleitete SeisRockHT (Seismic Rockfall Monitoring in the Hohe Tauern Region) beschäftigt sich mit der Häufigkeit von Steinschlag und möglichen Zusammenhängen mit Wetter und Klima. Denn auch im Hochgebirge werden derzeit ungewöhnlich hohe Temperaturen gemessen. Am Sonnblick wurden heuer seit Anfang Juni nur 22 Frosttage registriert, also Tage an denen die Temperatur zumindest für kurze Zeit unter 0 Grad Celsius liegt.

Rekordverdächtig wenige Frosttage

Im vieljährigen Mittel liegt deren Zahl im klimatologischen Sommer von Juni bis August bei 44 Tagen. Momentan zeichnet sich für heuer sogar einer der zehn extremsten Werte der seit 1886 bestehenden Messgeschichte ab. Den absoluten Rekord verzeichnet weiterhin der Sommer 2003 mit nur 18 Frosttagen am Sonnblick, so die Meteorologen am Dienstag.

Weltweit sind rund 20 bis 25 Prozent der Erdoberfläche von Permafrost beeinflusst. In Österreich ist ab einer Seehöhe von etwa 2.500 Metern (Nordexposition) mit größeren Permafrostvorkommen zu rechnen. Besonders in den vergangenen Jahren wurde eine Zunahme von Steinschlag- und Felssturzereignissen nicht nur von Wissenschaftern, sondern auch von Bergsteigern und Hüttenwirten beobachtet. Ein möglicher Grund ist die Erhöhung der Permafrosttemperatur und eine einhergehende Reduktion der Felsstabilität.

Kleinräumige Erdbebennetze

Das heuer gestartete Projekt SeisRockHT der ZAMG, Mertl Research GmbH und Geoconsult Research & Development konzentriert sich auf zwei Gebiete: Einerseits wird die Nordflanke des Hohen Sonnblicks (3.106 Meter), andererseits der nördliche Gipfelbereich des Kitzsteinhorns (3.203 Meter) untersucht."Wir verwenden im Prinzip kleinräumige, seismologische Erdbebennetze, die die Bodenerschütterung messen. Herabstürzende Felsen regen kleinräumig Bodenerschütterungen an und werden so von uns registriert", sagte ZAMG-Geophysiker Daniel Binder. Zunächst geht es darum, den momentanen Status der Aktivität festzustellen.

Ergänzt werden die seismischen Netzwerke durch eine systematische Oberflächenüberwachung mit terrestrischem Laserscan und der Erfassung von meteorologischen Daten und Bohrlochtemperaturen. "Damit können potenzielle Zusammenhänge zwischen Permafrostveränderungen und Felsstürzen untersucht und unter dem Aspekt der Klimaerwärmung diskutiert werden", weiß Markus Keuschnig von Geoconsult Research & Developement. Mit ersten Ergebnissen sei 2016 zu rechnen. (APA/red, 16.8.2015)