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Parlamentspräsident Shwe Mann soll mitgeteilt worden sein, dass er "ab sofort nicht mehr ins Büro" zu kommen brauche.

Foto: AP / Aung Shine Oo

Rangun –Ein Militäreinsatz in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw hat am Donnerstag böse Erinnerungen an die vor vier Jahren beendete Militärdiktatur geweckt. Drei Monate vor der ersten freien Wahl hätten 200 Soldaten und Polizisten in der Nacht die Zentrale der Regierungspartei Solidarität und Entwicklung (USDP) umringt und jeden stundenlang am Verlassen des Gebäudes gehindert, bestätigte ein Parteimitglied.

Der Vorsitzende der in Myanmar regierenden Partei Union der Solidarität und Entwicklung (USDP) verlor letztlich wegen Differenzen mit Staatsoberhaupt Thein Sein sein Amt. USDP-Chef Shwe Mann sei auf Betreiben des Präsidenten abgesetzt worden, sagte ein Sprecher des Präsidialamts am Donnerstag. "Dies ist lediglich eine Auseinandersetzung um die Parteiführung, es gibt keinen Grund zur Sorge."

"Meinungsverschiedenheiten über Kandidaten"

Im Grunde ging es um eine Parteirevolte gegen Shwe Mann, einen Rivalen von Staatsoberhaupt Thein Sein in Bezug auf das Präsidentenamt. "Shwe Mann und seine Vertrauten wurden vom Vorsitz und aus dem Zentralkomitee der Partei entfernt", sagte ein Mitarbeiter von Shwe Manns Nachfolger Htay Oo. "Er hat seine Macht missbraucht."

Am Mittwochabend hatte die Polizei nach Angaben von Shwe Manns Sohn Toe Naing Mann die Zentrale der USDP besetzt, als die Partei gerade ein Treffen zu den bevorstehenden Wahlen abhielt. Demnach umstellten Sicherheitskräfte auch das Haus seines Vaters in der Hauptstadt Naypyidaw. Laut einem Parteimitglied war die Lage zunächst unübersichtlich. "Es ging um Meinungsverschiedenheiten über die Kandidatenliste für die Wahl", erklärte er.

"Keine Chance mehr, Präsident zu werden"

Shwe Mann wurde nach Medienberichten in der Nacht nach Hause eskortiert. Unklar war, ob er unter Hauarrest stand. "Er ist noch Mitglied der Partei, hat aber alle Unterstützung verloren", sagte der Mitarbeiter. "Er hat keine Chance mehr, Präsident zu werden, selbst, wenn die USDP die Wahlen gewinnt."

Das ist allerdings unwahrscheinlich. Analysten erwarten eine Wahlschlappe der USDP, die aus einer Massenorganisation des Militärs hervorgegangen ist. Analysten rechnen mit einem Sieg der NLD von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Weil ihre Söhne britische Pässe haben, kann Suu Kyi aber nach der Verfassung nicht Präsidentin werden. Shwe Mann traf sich regelmäßig mit ihr. Analysten spekulierten, dass die beiden einen Pakt schließen wollten.

Verfassungsänderung gescheitert

Das jetzige Parlament wurde 2010 gewählt, noch unter der Junta. Sie ließ vorher eine Verfassung verabschieden, die dem Militär ein Viertel der Parlamentssitze reserviert. Die Verfassung kann nur mit mehr als 75 Prozent der Stimmen geändert werden, was dem Militär de facto ein Vetorecht gibt. Shwe Mann hatte für eine Verfassungsänderung geworben, um die 25-prozentige Sperrminorität des Militärs aufzuheben.

In den vergangenen Monaten war vermehrt über Feindseligkeiten zwischen Parteichef und Parlamentspräsident Shwe Mann und dem Präsidenten spekuliert worden. Die Lage ist wegen der für den 8. November geplanten Parlamentswahl in Myanmar angespannt. Dort wird die USDP von der lange Zeit unterdrückten Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi herausgefordert.

Ablehnung für Offiziere

Shwe Mann hatte sich dafür ausgesprochen, eng mit der Oppositionsführerin zusammenzuarbeiten. Bis Freitag müssen die Parteien ihre Kandidaten für die Wahl aufstellen. Shwe Mann soll Parteimitgliedern, die loyal zum Staatschef sind, seine Unterstützung verweigert haben. So soll er 100 Ex-Offiziere abgelehnt haben, die sich für die USDP aufstellen lassen wollten. Thein Sein habe sich dagegen gewehrt, hieß es. Zudem hat Shwe Mann dafür geworben, die Befugnisse des mächtigen Militärs zu beschneiden.

Während der Herrschaft der Militärjunta stand Suu Kyi jahrelang unter Hausarrest, erst 2010 wurde sie im Zuge der politischen Öffnung des südostasiatischen Landes entlassen und 2012 bei einer Nachwahl erstmals ins Parlament gewählt. Ihre politische Einflussnahme wird jedoch weiterhin vom Militär beschnitten, das nach dem offiziellen Ende der Diktatur 2011 nicht bereit zu sein scheint, weitere Einschränkungen seiner Macht hinzunehmen. (APA, 13.8.2015)