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Foto: EPA/MACIEJ KULCZYNSKI

Ein Eckstein der florierenden Hitzeberichterstattung dieser Tage ist die Phrase vom "kühlen Nass". Man sehnt sich nach dem kühlen Nass, springt ins kühle Nass, steckt die Füße ins kühle Nass usf.

Das ist bemerkenswert, weil im außermedialen Bereich kaum jemand versucht wäre, "Wasser" durch "kühles Nass" zu ersetzen. Aus gutem Grund. Ein Kaffeehausgeher, der sich zu seinem Mokka oder Einspänner ein Glas "kühles Nass" bestellen würde, gälte entweder als dubioser Witzbold oder affektierter Esel.

Der Duden nennt den Gebrauch des "Nasses" in seinem Online-Wörterbuch "dichterisch". Nun ja, das war einmal. Historisch mögen Sätze mit dem "Nass" dereinst tatsächlich eine Prärogative der Poeten gewesen sein. Laut dem Grimm'schen Wörterbuch war etwa der Ausdruck "das (edelste) Nass" als Synonym für den Wein im Schwange: "Ja, schonet nur nicht das erquickende Nass: / Denn schwindet der älteste Wein aus dem Fass, / So altern dagegen die jungen." (Johann Wolfgang von Goethe). Schön gesagt!

Heute kommt das "kühle Nass" nur noch im Journalismus vor, wo es undichterisch und albern wirkt. Wenn es jemand verwendet, dann deshalb, weil er sich sklavisch an das müde Schönschreibgebot hält, nur ja jede Wortwiederholung zu vermeiden. Dass ein Text automatische besser würde, wenn man Wien durch "Donaumetropole", Katze durch "Samtpfote" oder Wasser durch "Nass" ersetzt, ist aber ein Gerücht, das unbegründeter nicht sein könnte. (win, 15.8.2015)