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Über die Schwierigkeit ihrer Aufgabe macht sich Kezia Dugdale keine Illusionen. Als neue Chefin der schottischen Labour Party hat die 33-Jährige mit dem biblischen Namen ("Zimtblüte") alle Hände voll zu tun. Die langjährige Labour-Dominanz haben die schottischen Nationalisten bei der Unterhauswahl zerstört, als sie 56 der 59 Sitze im britischen Norden eroberten. Labour ist nun statt wie vorher mit 41 nur noch mit einem einzigen Abgeordneten im Londoner Parlament vertreten. Bei Regionalwahlen im kommenden Jahr droht die nächste vernichtende Niederlage.

Die neue Labour-Chefin ist Teil eines weiblichen Trios: Als dritte der großen Parteien in Schottland hat nun auch Labour eine Frau im Spitzenamt. Im Parlament in Edinburgh wird sich Dugdale als Oppositionsführerin mit Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon von der SNP und der konservativen Vorsitzenden Ruth Davidson auseinandersetzen. Geübt in dieser Rolle ist sie bereits: Seit Jahresbeginn trat sie schon in den Fragestunden des Regionalparlaments gegen Sturgeon an, weil ihr Vorgänger im Parteivorsitz sein Mandat im Londoner Unterhaus wahrnehmen musste. Im Mai verlor Jim Murphy seinen Sitz und trat anschließend zurück.

Fast unlösbare Probleme

Dass Dugdale die anschließende Urwahl gewinnen würde, stand eigentlich nie in Zweifel. Tatsächlich erhielt sie 72 Prozent der Stimmen – und ein Paket fast unlösbarer Probleme.

Labour traute sich nicht einmal, die genaue Beteiligung an der Urwahl bekanntzugeben. Die Rede ist von 27.000 "Mitgliedern und Sympathisanten" – die SNP zählt rund 110.000. Weil die klugen und ehrgeizigen Köpfe der Partei seit Jahrzehnten stets nach Westminster drängten, gilt die Labour-Fraktion in Edinburgh als müde und ideenlos. Dugdale redet nicht um das Problem herum. "Ich werde neue Leute als Labour-Kandidaten gewinnen", sagt die alleinstehende Juristin und räumt so ihr Personalproblem ein.

Die Regierungsarbeit der SNP will Dugdale strenger als bisher überwachen. Genau daran hat es Labour bisher mangeln lassen. Dabei gäbe es Probleme zuhauf: Das schottische Gesundheitssystem ist ebenso reparaturbedürftig wie die staatlichen Schulen. Auch zeigen die Nationalisten einen Hang zur Zentralisierung, nicht zuletzt bei der Polizei. Vom Amt der Ministerpräsidentin träumt Kezia Dug dale einstweilen nicht. Im kommenden Jahr wäre eine respektable statt einer vernichtenden Niederlage schon ein großer Erfolg. (Sebastian Borger aus London, 17.8.2015)