Der grüne Abgeordnete Harald Walser hat in seinem Gastbeitrag im STANDARD am Donnerstag über die nun schon zwanzig Jahre dauernden Debatten über ein "Haus der Geschichte" festgestellt: Solange man nicht weiß, was das überhaupt sein soll, wird daraus nichts. Stimmt: höchstens ein fauler Kompromiss.

Momentan stehen zwei Projekte im Vordergrund: auf der einen Seite im Museumskomplex des Heldenplatzes das vom sozialdemokratischen Haus- und Hofhistoriker Oliver Rathkolb konzipierte Republik-Museum und auf der anderen Seite ein vom ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer ins Spiel gebrachte "Haus der Zukunft" – ein Neubau.

Bei der Lektüre von Rathkolbs bisher publizierten Vorstellungen entsteht der Eindruck, dass dieses Museum so etwas Ähnliches wird wie das "Haus der Literatur" im Grillparzer-Haus. Ambitioniert, breite Interpretationen, aber halt sehr konventionell.

Bei Mahrers Plänen schwingen viele Spekulationen mit: Ist es die Zukunft der Forscher, oder handelt es sich um Science-Fiction? In zehn Jahren jedenfalls wäre das Ausgestellte wahrscheinlich schon wieder veraltet. Was er sich selbst vorstellt, hat er 2005 in dem bei Czernin erschienenen Buch Österreich 2050 als Herausgeber und mit Autoren wie Veit Dengler, Ex-Neos und derzeit Verlagschef der Neuen Zürcher Zeitung, publiziert. Nichts überwältigend Neues. Darüber hinaus ignoriert Mahrers Vorschlag, das Gebäude aus Holz zu bauen, die Notwendigkeit eines europaweit auszuschreibenden Architekturwettbewerbs. Ein ähnlicher Konflikt wie seinerzeit um das Museumsquartier (MQ) würde sich dann um den Heldenplatz entwickeln. Verzögerungen ohne Ende.

Suchmaschinen und Social Media

Drüben im MQ gibt es die inzwischen schubladisierten Pläne eines "Leseturms". Ich habe ihn während der ersten Debatten als Kern eines "Hauses der Geschichte" vorgeschlagen. Dort könnte "Zukunft" stattfinden, aber nicht mithilfe spekulativ bestückter Schauräume, sondern durch den konsequenten Einsatz des Internets, der Suchmaschinen und von Social Media – um die jüngere Generation dafür zu begeistern.

Vorbild sollte der im Holocaust-Museum von Los Angeles geschaffene "Tree of Testimony" sein (Architekt: Hagy Belzberg), wo man über Bildschirme den personalisierten Verläufen der Geschichte folgen kann. Auf dem Gelände des Heeresgeschichtlichen Museums (Harald Walser greift einen Reformplan von Andreas Khol und Wolfgang Schüssel auf) könnten historische Devotionalien weiter ausgestellt und durch zeithistorische Dokumente ergänzt werden. Lehrerschulungen wie in den amerikanischen Geschichtsmuseen hätten dort ebenfalls Platz.

Die größten Hindernisse für die Realisierung eines ehrgeizigen Projekts stecken in der Bewältigung aktueller Vorgänge. Solange viel Geld prioritär in die Lösung der Flüchtlingsfrage gesteckt werden sollte, ist eine öffentliche Finanzierung für ein Haus der Geschichte und/oder Republik schwer zu begründen.

Vielleicht sollte man die Erben nach Karl Wlaschek fragen, ob sie sich für ein solches Projekt interessieren. (Gerfried Sperl, 16.8.2015)