Wien – Der quasi unsterbliche nordirische Fußballer George Best hat einmal gesagt: "Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst."

Angeklagter M. ist zwar nur Lehrling, hat aber eine ähnliche Ausdrucksweise. "Ich habe 500 Euro im Monat zum Wohnen im Hostel gebraucht, den Rest habe ich für unnötiges Zeugs verpulvert", erzählt er Daniela Zwangsleitner, der Vorsitzenden des Schöffensenates, was er mit den fast 10.000 Euro gemacht hat, um die er 80 Menschen betrogen hat.

Drei Vorwürfe erhebt die Staatsanwaltschaft gegen den 19-Jährigen: gewerbsmäßiger schwerer Betrug, versuchte Nötigung und Körperverletzung. Seine Masche war simpel, dank des Internets aber durchaus gewinnbringend. Er inserierte, kassierte Geld, lieferte aber nie. Oder er machte es umgekehrt – bestellte und übermittelte gefälschte Überweisungsbelege.

Nötigung in Mailverkehr

Die zweite Variante hat ihm den Nötigungsvorwurf eingebracht: Nachdem ein potenzielles Opfer misstrauisch geworden war und seinen Laptop nicht geschickt hatte, entstand eine Mailkonversation. Der jungen Staatsanwältin ist es fast unangenehm, den Inhalt vorzutragen: "Der Angeklagte hat dann 'Ich werde Deiner Mutter zwei Dildos in den Arsch rammen' geschrieben", sagt sie im Eröffnungsplädoyer.

Der Teenager bekennt sich schuldig. "Wann sind Sie auf die Idee gekommen?", will Zwangsleitner wissen. Die Antwort ist entwaffnend: "Als ich Geld gebraucht habe." Im Spätsommer 2014 hat er begonnen, ab Dezember war er obdachlos.

"Wovon haben Sie gelebt?" – "Vom Arbeitslosengeld." – "Wie hoch war das?" – "So 700 Euro." – "Davon konnten Sie nicht leben?" – "Kaum. Ich habe schon 400 Euro für die Miete gebraucht." – "Und sind Sie sich dabei nicht schäbig vorgekommen? Die Opfer, die da draußen vor dem Saal stehen, schauen auch nicht so aus, als ob sie viel Geld hätten." – "Doch", lautet die kleinlaute Antwort.

Mit der Beute durch Europa

Mit der Beute bestritt er allerdings nicht nur den reinen Lebensunterhalt: Er machte auch den Führerschein, kaufte sich ein Auto und fuhr durch Europa, gesteht er ein.

Im Februar 2014 war der junge Mann schon einmal am Bezirksgericht wegen Körperverletzung verurteilt worden. "Wissen Sie noch, zu wie viel?", fragt ihn die Vorsitzende. "Zwei Jahre auf Bewährung", hört sie als überraschende Antwort. "Das glaub ich eher nicht, das wäre ein bissi viel", sagt Zwangsleitner, während sie in den Akten blättert. Die die Antwort haben: Es waren zwei Wochen Haft, bedingt auf drei Jahre.

Die Strafandrohung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre Haft. Nach zehn Minuten Beratung verkündet der Senat sein rechtskräftiges Urteil: 20 Monate Haft, davon fünf unbedingt. Ins Gefängnis muss M. dennoch nicht, erklärt ihm die Vorsitzende. Das Jugendgerichtsgesetz gibt die Möglichkeit, die unbedingte Strafe bis zum Lehrabschluss aufzuschieben – und dann kann sie sogar ausgesetzt werden.

Freispruch für Schlussstrich

Vom Nötigungsvorwurf wird der Teenager übrigens freigesprochen. "Wir gehen davon aus, dass es für Sie einfach der Schlussstrich unter der Korrespondenz war", begründet die Vorsitzende. Da sich beide ja nicht persönlich kannten und nicht wussten, wo der andere wohnt, sei es nicht als Nötigung zu werten.

"Sie haben Ihr Leben jetzt selbst in der Hand, ob Sie nochmals ins Gefängnis wollen oder nicht", erinnert ihn Zwangsleitner an die sechs Wochen, die er bereits in Untersuchungshaft gesessen ist. (Michael Möseneder, 20.8.2015)