Im geplanten 150 Meter hohen Wohnturm (Mitte) an der Neuen Donau sollen 520 Wohnungen entstehen.

Visualisierung: ZOOMvisual project gmbh

Wien – Es ist eine der absoluten Toplagen für Wohnbau in Wien: Direkt an der Reichsbrücke und im Uferbereich der Neuen Donau, verkehrsgünstig neben Autobahn und U1 gelegen, wird ein 150 Meter hoher Wohnturm mit 520 frei finanzierten Wohnungen entstehen. Um das Projekt realisieren zu können, wird das erst vor 15 Jahren errichtete Cineplexx-Kino – nach Vorliegen des Baubescheids – abgerissen.

Über die Umwidmung der Fläche im Gemeinderat freute sich nicht nur die Danube Flats GmbH (hinter der die Soravia Group und die S+B-Gruppe stehen), sondern auch die rot-grüne Koalition. Denn mit der Errichtung der "Danube Flats" haben sich die privaten Investoren dazu verpflichtet, Geld für öffentliche Leistungen und für soziale Infrastruktur in die Hand zu nehmen. Rechtshintergrund sind "städtebauliche Verträge", die bei diesem Wohnprojekt erstmals zur Anwendung gelangten. Vom Wertgewinn, den die Liegenschaft durch die Umwidmung erfährt, soll so auch die Stadt profitieren.

Zehn Millionen Euro für öffentliche Maßnahmen

Konkret verpflichtet sich der Bauträger neben dem Bau der Wohnungen am lukrativen Standort am Wasser auch dazu, den Vorplatz der U1-Station Donauinsel sowie den Uferbereich neu zu gestalten. Im Sockelbereich wird ein Kindergarten errichtet, die Schule in der nahen Schüttaustraße erhält knapp vier Millionen Euro als Kostenbeteiligung für einen Ausbau. Es gibt auch 40 kleine Wohnungen, die für soziale Zwecke reserviert sind. Insgesamt betragen die öffentlichen Maßnahmen, für die die Investoren vertraglich verpflichtet aufkommen müssen, zehn Millionen Euro.

Massiver Wertgewinn

Viel zu wenig, wie Kritiker bemängeln. Denn allein durch die Umwidmung in eine höhere Klasse vergrößerte sich die Nutzfläche des neuen Wohnprojekts um rund 20.000 Quadratmeter. Der Wertgewinn ist massiv und dürfte auch mit konservativen Berechnungen rund 100 Millionen Euro betragen. Durch die städtebaulichen Verträge holt sich die Stadt davon nur etwa zehn Prozent. Und das bei einem Projekt in Toplage.

In der Schweiz wird der Wertzuwachs durch Umwidmungsgewinn ("Ausgleich von Planungsvorteilen") mit mindestens 20 Prozent ausgeglichen. "In Köln sind es sogar zwei Drittel des Wertzuwachses, die für die Finanzierung öffentlicher Infrastruktur verwendet werden", sagt Christof Schremmer vom Österreichischen Institut für Raumplanung (ÖIR) dem STANDARD.

Keine allgemein gültigen Vereinbarungen

Im wachsenden Wien gibt es bei privaten Bauprojekten keine allgemein gültigen Vereinbarungen, wie viel Prozent des Wertzuwachses die Stadt – zweckgewidmet für öffentliche Infrastrukturprojekte – erhält. "Das ist eigentlich unglaublich", sagt Schremmer.

Die städtebaulichen Verträge seien zwar besser als nichts und ein erster Schritt. Aber: "Die Bedingungen müssen mit diesen Verträgen bei jedem Projekt individuell zwischen Stadt und Investor ausverhandelt werden. Da kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Es kann nicht sein, dass das Magistratsbeamte mit Immobilientycoons am Verhandlungstisch klären müssen. Wenn es keine Regeln gibt, ist man auf Verhandlungsgeschick angewiesen."

Für Neos-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger lässt "die Stadt hier viel zu viel Geld auf der Straße liegen". Sie plädiert für fixe Prozentsätze des Umwidmungsgewinns, die der Stadt zugutekommen sollen.

Weitere städtebauliche Verträge im Gemeinderat

Der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr, Verfechter der städtebaulichen Verträge, räumt ein, dass die Stadt bei den "Danube Flats" mehr als zehn Millionen Euro herausholen hätte können. "Da widerspreche ich nicht heftig. Es hätten auch zwölf sein können. Aber zuvor ist es noch nie gelungen, überhaupt zehn Millionen aufzustellen." Man solle Wien zugestehen, ein neues Instrument angewendet zu haben. Die Verträge stelle er "zur öffentlichen Diskussion und Kritik". Beim nächsten und letzten Gemeinderat vor der Wahl werde es weitere Umwidmungen und städtebauliche Verträge geben. (David Krutzler, 20.8.2015)