Wenn alles nach Plan läuft, ist das alte Zollamtsgebäude mit Jahresanfang 2016 Geschichte.

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Eine beträchtliche Anzahl an Wohnhäusern hat Asbestzement auf Dächern und Fassaden.

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Dort, wo heute noch das alte Zollamtsgebäude steht, in der Schnirchgasse 9 in Wien-Erdberg, sollen sich bis 2018 drei Türme 100 Meter in die Höhe schrauben. Im Projekt "Triiiple" soll dann gewohnt, geshoppt und gearbeitet werden.

Seit mehr als einem Jahr steht das Zollamt nun schon bis auf ein temporäres Lokal leer, der Weg ist aber noch weit: Etwa vier Monate wird es allein dauern, bis sämtliche Schadstoffe entfernt sind. "Bei der Schnirchgasse handelt es sich um eine der größten Asbest-Baustellen, die es in Wien noch gibt", sagt Heinz Kropiunik, Ziviltechniker und Abbruchexperte, der mit seinem Unternehmen Aetas das Projekt betreut.

Asbest – einst als unverwüstliches "Wundermaterial" beim Hausbau verwendet – darf in Österreich schon seit 1990, EU-weit seit 2005 nicht mehr verwendet werden. Denn werden die Fasern eingeatmet, kann das noch Jahrzehnte später zu Krebs führen.

Historische Spurensuche

Auf der Suche nach Schadstoffen in Gebäuden wird akribisch vorgegangen, historische Unterlagen werden durchforstet, und es wird nach Hinweisen gesucht, die auf die Verwendung bestimmter Stoffe deuten: "Man versucht das Gebäude bautechnisch zu begreifen", erklärt Kropiunik. Dann werden Proben genommen, die im Labor analysiert werden.

Im Keller des Zollamtsgebäudes wurde Kropiunik fündig: 4000 Quadratmeter Spritzasbest wurden hier einst als Wärmeschutz verbaut. Demnächst soll mit der Entfernung begonnen werden. Das wird dauern: Das Gebäude muss abgeschottet, Schleusen müssen eingerichtet werden. Arbeiter müssen Atemschutz tragen und dürfen höchstens zwei Stunden am Stück tätig sein. Dann müssen sie eine halbe Stunde Pause machen. Bei der Entfernung des Asbests wird ein Vakuumsauggerät eingesetzt, das Unterdruck erzeugt.

Sind diese Arbeiten abgeschlossen, muss alles gereinigt werden: "Das ist einer der wichtigsten Arbeitsschritte", sagt Kropiunik. Standardmäßig gebe es danach eine Fremdkontrolle und eine Luftmessung. Das Asbest wird dann mit Zement und Wasser gebunden und entsorgt. All das sollte bis Anfang 2016 abgeschlossen sein. Dann wird mit dem Abriss begonnen, sagt BIG-Sprecher Ernst Eichinger.

Problem bei Wohnhäusern

Das Thema Asbest ist mit dieser Großbaustelle aber noch lange nicht beendet, sagt Kropiunik: Der Stoff kam auch bei PVC-Böden und in Nachtspeicherheizungen zum Einsatz. Und es gebe nach wie vor eine beträchtliche Zahl an privaten Wohnhäusern mit Asbestzement auf Dächern und Fassaden. Diese Materialien würden nun in die Jahre kommen, die Erosion infolge von Verwitterung würde die Gefahr von Asbestfaserfreisetzung erhöhen: "Ich fürchte, dass das eine der größten Herausforderungen der Zukunft ist, was die Asbestentsorgung betrifft."

Immer wieder würden nichtsahnende Heimwerker Hand anlegen und damit ihre eigene Gesundheit und jene ihrer Nachbarn gefährden. Außerdem seien schwarze Schafe in der Branche unterwegs, die den Schadstoff nicht sachgerecht entfernen. Langsam steige die Sensibilität aber: "Bei uns rufen immer mehr Private an, die sich informieren." (Franziska Zoidl, 22.8.2015)