Die Zeit drängt – diese Erkenntnis ist mittlerweile bei allen durchgedrungen. Schließlich gibt es täglich, mitunter schon stündlich Schreckensnachrichten über unzumutbare Zustände für Flüchtlinge von den europäischen Brennpunkten Gevgelija, Calais, Kos und wie sie alle heißen.

Die EU hat verstanden und neue Initiativen zur Flüchtlingspolitik angekündigt. Es gehe darum, ein dauerhaftes, verbindliches System zur Verteilung der Flüchtlinge einzuführen und sichere Herkunftsländer abschließend zu definieren, sagte der spanische EU-Kommissar Miguel Arias Cañete diese Woche in Brüssel. Details zu einer weitreichenden europäischen Lösung soll EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 9. September vorstellen.

Bei einem Gipfel im Juni scheiterte eine Umsetzung des Verteilungssystems am Veto mehrerer Staaten. Ob es im Herbst zu einer Einigung kommt, ist offen. Auf alle Fälle stellt Brüssel Finanzhilfe für jene Länder bereit, die von den Flüchtlingsbewegungen besonders stark betroffen sind.

Milionenhilfen bis 2020

Österreich, das 80.000 Flüchtlinge in diesem Jahr erwartet, erhält 90 Millionen Euro aus dem EU-Budget. Das Geld soll bis 2020 fließen und ist für "Flüchtlingshilfe und innere Sicherheit" bestimmt. Deutschland bekam bereits im März eine Zusage für 340 Millionen Euro aus Brüsseler Töpfen – Berlin hat erst diese Woche seine Flüchtlingsprognose für 2015 auf bis zu 800.000 Asylwerber korrigiert.

Die versprochenen Millionen stammen aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF). Sie sollen die Länder bei der Erhöhung der Aufnahmekapazitäten, der Verbesserung der Qualität der Asylverfahren und der Integration der Migranten auf lokaler und regionaler Ebene unterstützen und die "Nachhaltigkeit" der Rückkehrprogramme sichern.

Weitere Gelder freigegeben

Vor einer Woche hat die EU-Kommission noch einmal 2,4 Milliarden Euro bis 2020 "zur Bewältigung von Flüchtlingsströmen" freigegeben. Die neuen Mittel gehen vor allem an Italien und Griechenland, die vom Zustrom aus dem Mittelmeer und Nahost besonders betroffen sind. Allerdings müssen die EU-Länder die Mittel abrufen und selbst aktiv werden.

"Wir sind fest entschlossen, diesen Weg weiterzugehen und praktische Solidarität zu üben", kündigte der für Migration zuständige griechische EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos an. Auf Nachfrage erklärte die Kommission, dass die Finanzmittel bei einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen noch aufgestockt werden könnten.

Auch Ungarn und Österreich haben bereits weitere Finanzhilfen angefordert. Die Anfrage aus Wien werde derzeit geprüft, sagte ein Kommissionssprecher. Erwartet werden weitere Anfragen, unter anderem von Frankreich aufgrund der Lage in Calais. Ziel sei es, die Gelder bis Ende August freizugeben. (Eric Bonse aus Brüssel, 22.8.2015)