
Die rare Nico-Dostal-Operette Ungarische Hochzeit beim Lehár-Festival in Bad Ischl.
Bad Ischl – Unlängst zog sich der Intendant des Franz-Lehár-Festivals bei einem Pressetermin bis auf die Unterwäsche aus. Eine grelle Geste – schauts her, wir geben unser letztes Hemd! Geholfen hat's wenig. Noch immer krebst man mit einem Minibudget umher. 1,15 Millionen Euro ist der Jahresetat, davon spielt man rund 85 Prozent durch Kartenerlöse ein, was nicht nur in Österreich eine eher singuläre Quote sein dürfte. Stadt und Land geben jeweils 100.000 Euro, vom Bund kommt noch ein bisschen was.
Damit stemmen Michael Lakner und seine (nur im Sommer zahlreichen) Mitarbeiter zwei szenische Produktionen nebst feinem Rahmenprogramm bestehend aus Konzerten, Galas und Jugendprojekten. Außerhalb der Festspielzeit ist man zu zweit; der Intendant fährt dann auch nach Wien oder Salzburg, um Ischl-Plakate zu kleben, die heuer My Fair Lady und die rare Nico-Dostal-Operette Ungarische Hochzeit bewarben. Letztere entstand 1939, unbekümmert vom Zeitgeschehen erzählen Dostal eine Posse aus der (imaginierten) guten, alten Zeit. Kaiserin Maria Theresia (verschnupft näselnd: Dolores Schmidinger) schickt junge Männer nach Ungarn, die dort einheimische Mädels ehelichen sollen.
Schöne Momente
Eine Sensation ist Regina Riel als Bauernmaid Janka, welche sich als adelig entpuppt und nach dreieinhalb Stunden Grafen Stefan (mit viel Schönklang: Jevgenij Taruntsov) heiraten darf. Riel singt auf Weltklasseniveau, das von Marius Burkert einstudierte Lehár-Orchester glitzert und strahlt präzise. Leonard Prinsloos Regie bietet etliche schöne Momente, neigt jedoch ein bisschen zum szenischen Überdruck. Bunte Tracht vermischt sich mit futuristischen Anzügen.
Die Brautwerber kommen in Jeans daher, andere leben in leicht zerlumptem Pomp. Insgesamt herrscht hier zu viel Durcheinander. Als Orchestermusiker oder Chorist in Ischl verdient man derzeit gut 3000 Euro – im gesamten Festspielsommer. Hauptrollenstars kommen auf maximal 12000 Euro. Trotzdem bleibt etwa für die Bühnenbilder meist wenig übrig. Die Ungarische Hochzeit kostete fast gar nichts, alle Spielorte wurden per Video auf Leinwände projiziert. Durchaus ein wenig stolz erzählt Lakner von seinen geringen Erfolgen, private Sponsoren zu finden. Ein Ehepaar habe es zuletzt so gut in Ischl gefallen, dass es spontan 10.000 Euro gab.
Lakner kämpft weiter um jeden Euro und zieht seine sehr erfolgreiche künstlerische Strategie durch. Neben der Cashcow gibt es immer eine Rarität, die mit besonderer Liebe beleuchtet wird. 2016 kommt also neben der Fledermaus Leo Falls Rose von Stambul sowie halbszenisch Lehárs Juxheirat. für die fernere Zukunft liebäugelt Lakner sogar mit einer Operettenuraufführung, wenn es denn die Kassenlage zulässt. (Jörn Florian Fuchs, 24.8.2015)