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Am Nachmittag empfing Bundespräsident Heinz Fischer die Konferenzteilnehmer. Sitzend: der montenegrinische Innenminister Raško Konjević (links) und der bosnische Außenminister Igor Crnadak (rechts). Dahinter: Der montenegrinische Präsident Filip Vujanović (links) und Dragan Čović, Vorsitzender des bosnischen Staatspräsidiums.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Sie zeigten demonstrativ ihre neue Beziehung. "Mein Freund Edi" nannte der serbische Premierminister Aleksandar Vučić seinen albanischen Kollegen Rama bei der Diskussion mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus Südosteuropa am Mittwochabend in der Ankerbrotfabrik im zehnten Wiener Gemeindefabrik. Die Veranstaltung, die von der Erste Stiftung organisiert wurde, war der Auftakt der Westbalkankonferenz, die am Donnerstag in Wien stattfindet. Und "Freund Edi" war so nett, dem "Aleksandar" den Vortritt bei der Beantwortung der Fragen zu überlassen.

Nach einem Konzert des Jugendorchesters Superar stellten fünf Vertreter von NGOs, die sich an der Basis engagieren, ihre Projekte vor und richteten durchaus emotionale Worte an die Politiker. Aus Bosnien-Herzegowina war Außenminister Igor Crnadak vertreten, aus Montenegro Igor Lukšić. Larisa Suša aus dem bosnischen Gračanica war besonders klar: "Wir werden euch sagen, was ihr tun sollt, und ihr werdet es tun." Doch am Ende dominierten die Politiker die Diskussion.

Unzufrieden mit Kandidatenstatus

Vučić referierte zunächst über die Wirtschaftsreformen und die Konsolidierung des Budgets in Serbien, während Rama darauf verwies, dass er ohnehin täglich mit der Zivilgesellschaft in Kontakt sei. Er verwies darauf, dass es mehr Engagement der EU auf dem Balkan brauche, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Er schlug etwa vor, dass Deutschland die Berufsschulen in Albanien unterstützen solle. Albanien hat zwar den EU-Kandidatenstatus, kann aber noch keine Verhandlungen beginnen. Rama: "Den Kandidatenstatus zu haben ist in etwa so, als wenn man heiraten wollen würde, aber noch niemanden gefunden hat, der einen heiraten will."

Der montenegrinische Außenminister Lukšić meinte, dass Montenegro immerhin so etwas eine "Liebesaffäre" mit der EU habe, da es bereits die Verhandlungen begonnen habe. Die die Staaten müssten sich jedenfalls mehr auf eine "freie Wirtschaft" konzentrieren. Sein bosnischer Kollege Crnadak konzentrierte sich auf das Korruptionsproblem und regte an – nach der Idee von Vučić –, etwas Gemeinsames in der Region zu finden, das man zelebrieren könne.

Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit

An EU-Erweiterungsverhandlungen-Kommissar Johannes Hahn ging die Frage, ob der "Juncker-Plan" zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit auch auf die Nicht-EU-Staaten in Südosteuropa ausgeweitet werden könne. Dieser sagte zu, dass es zumindest Möglichkeiten für auf dem Balkan aktive Unternehmer geben soll, vom "Juncker-Plan" zu profitieren. Ardian Hackaj vom Institut Shtetiweb aus Tirana schlug vor, eine staatenübergreifende Kommission von Experten zu gründen, damit die südosteuropäischen Länder die Reindustrialisierung der Region gemeinsam fördern, die Produktion ankurbeln und nicht nur die Märkte öffnen können. Die Vertreter der Zivilgesellschaft kritisierten auch die mangelnde Medienfreiheit in Südosteuropa, etwa dass die Eigentümer der Medien nicht einmal bekannt sind.

Rama forderte finanzielle Unterstützung von der EU. "Wir sind keine Jesus-Region, sondern eine Thomas-Region. Wir glauben Sachen erst, wenn wir sie angreifen können." Nach den blumigen Worten des albanischen Premiers meinte Vučić ziemlich trocken, dass er kein guter Redner sei. Er sagte zu Hahn: "Wir brauchen nicht euer Geld. Wir haben genügend Geld. Ich habe kein Geld verlangt für die Flüchtlinge in Serbien, aber wir brauchen eure politische Unterstützung." Er werde nicht versuchen, irgendjemandem zu gefallen, sein Job sei, ein gutes Umfeld für die Wirtschaft zu kreieren und die Einstellungen der Leute zu ändern. "Viele leben noch immer mit der Einstellung des Sozialismus, wo die Regierung für jeden einen Job suchen sollte." Vučić forderte die Vertreter der Zivilgesellschaft auf, Vorschläge zu machen, wie man die Wirtschaft verbessern könne. (Adelheid Wölfl, 26.8.2015)