Wien – Mehr als 500 mutmaßliche Schlepper hat die Exekutive heuer schon festgenommen – praktisch so viele wie im gesamten Jahr 2014. Die Reaktion der Regierung auf diese Entwicklung: eine Verschärfung der Gesetze. Allerdings haben Richterinnen und Richter schon jetzt einen Ermessensspielraum.

Am 1. September soll der Nationalrat die von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) vorgelegte Novelle des Fremdenpolizeigesetzes beschließen. Geregelt sind die Strafen für Schlepperei im Paragrafen 114. Grundsätzlich kann man für den Transport von Personen gegen Bezahlung bis zu zwei Jahre Haft bekommen. Ist man Wiederholungstäter, sind es bis zu drei Jahre.

Eine Minimumstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren droht, wenn man die Tat gewerbsmäßig begeht, die Geschleppten "längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt" werden oder man "eine größere Anzahl von Fremden" über die Grenze bringt.

Drei Geschleppte reichen

Diesen letzten Punkt will Brandstetter ändern. Denn genau definiert ist die "größere Anzahl" nicht. In der Rechtssprechung hat sich zwar die Zahl von zehn Personen eingebürgert, halten müssen sich die Gerichte aber nicht daran. Der Justizminister will nun klarstellen, dass schon drei Geschleppte reichen, um bis zu fünf Jahre ins Gefängnis zu müssen. Der Hintergrund: Dann können Festgenommene routinemäßig in Untersuchungshaft genommen werden.

Doch schon jetzt gibt es beispielsweise am Straflandesgericht Wien Richter, für die bereits sieben oder acht Geschleppte eine "größere Zahl" sind. Eine Reaktion auf die Wirklichkeit: Denn auch die Hintermänner der Schlepper haben die magische Zahl zehn im Kopf – was zur Folge hat, dass oft nur sieben, acht Leute in einem Fahrzeug sitzen.

Staatsanwälte wollen unbedingte Haft

Dem Vernehmen nach werden aber auch bei manchen Staatsanwaltschaften strengere Maßnahmen gesetzt. So sollen die Ankläger an mehreren niederösterreichischen Gerichten routinemäßig Berufung anmelden, sobald ein Angeklagter zu teilebedingter Haft verurteilt wird – sie wollen unbedingte Strafen.

Wirklich streng sind die Strafen jetzt schon, wenn man als Mitglied einer kriminellen Vereinigung fährt oder das Leben der Menschen gefährdet: Dann beträgt die Strafe mindestens ein bis zehn Jahre.

Verstärkt soll auch die Streifentätigkeit auf den Hauptrouten werden – der Ost- und der Westautobahn. Denn höhere Strafen alleine schrecken nicht ab, wie Studien zeigen. Es ist das Risiko, erwischt zu werden, das möglicherweise präventiv wirken kann.

Nicht alle Anzeigen führen aber auch zu Verurteilungen. Einerseits stauen sich die Akten bei Staatsanwaltschaften und Gerichten, andererseits kann sich der polizeiliche Verdacht auch als falsch herausstellen. So wurden im Gesamtjahr 2014 insgesamt 227 Menschen – 216 Männer und elf Frauen – wegen des Delikts verurteilt. Die Zahl der Anzeigen war doppelt so hoch. (Michael Möseneder, 27.8.2015)