Die Burg Geiersberg in Kärnten steht zum Verkauf. Wer sich dafür interessiert, den beeindrucken Gruselgeschichten zu den Vorbesitzern meist nicht.

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2006 kaufte eine deutsche Familie ein Haus in der Nähe der Ostsee um 346.000 Euro. Das Paar wusste, dass die Vorbesitzer gestorben waren. Dass sich die beiden aber in ihrem Haus umgebracht hatten und ihre Körper dann über längere Zeit nicht gefunden worden waren, darüber wurden sie von ihrem Makler nicht informiert – obwohl dieser nachweislich davon wusste. Sie fochten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an – und bekamen recht.

"Ein Makler muss dann etwas sagen, wenn er weiß, dass die Information von essenzieller Bedeutung für die Interessenten ist", sagt die Wiener Immobilienmaklerin Margret Funk. Es komme bei dieser Einschätzung auch darauf an, wie bedeutend ein Ereignis gewesen ist: Einen "blutigen Mord" könne man beispielsweise nicht unter den Tisch fallen lassen, ein weniger dramatisches Ereignis, das schon Jahrzehnte zurückliege, sei dafür vielleicht nicht so wichtig. Ein Problem: "Manchmal verschweigen einem die Eigentümer auch solche Dinge."

Markus Bulgarini von der Wiener Anwaltskanzlei Höhne, In der Maur & Partner sind in Österreich keine Fälle wie das eingangs erwähnte Urteil in Deutschland bekannt. "Man wird wohl unterscheiden müssen, inwieweit solche Dinge wertbestimmend sind", sagt er. Anton Holzapfel, Geschäftsführer des ÖVI, sieht eine Informationspflicht des Maklers dann gegeben, wenn es sich um ein preisbildendes Element handelt. Zählen Mord und Selbstmord dazu? Das sorgt unter Sachverständigen für Diskussionen. Für Bulgarini zählen solche Fälle "im Normalfall" nicht dazu.

Wertmindernder Faktor

Funk, die auch Expertin für Immobilienbewertung ist, kann sich schon vorstellen, dass Mord ein wertmindernder Faktor sein kann. Relativ klar ist die Sache bei Extremfällen wie dem Haus von Josef F. in Amstetten: "Wenn der Makler verschweigt, was hier passiert ist, dann wird er haften", sagt Bulgarini. Der Verkauf eines solchen Objekts sei generell problematisch: "Würde ich eine solche Immobilie zum Verkauf angeboten bekommen, würde ich ablehnen", sagt Peter Reikersdorfer, Remax-Makler in Amstetten.

Immer wieder würden aber Immobilien auf den Markt kommen, in denen sich ein Selbstmord zugetragen hat: "Darauf weisen wir dann schon hin", sagt Reikersdorfer, der darin eine moralische Verpflichtung für Makler sieht. Die meisten Menschen könnten mit dieser Information gut umgehen. Grundsätzlich würden sich Interessenten meistens ohnehin danach erkundigen, warum eine Immobilie auf dem Markt ist, sagt Reikersdorfer. "Das gehört einfach zum guten Gefühl, wenn man kauft."

Nicht alles greifbar

Auf alles, was real und greifbar ist, müsse hingewiesen werden, betont der Makler. "Einmal hat mir ein Verkäufer aber kurz vor dem Unterzeichnen des Kaufvertrags erzählt, dass er nachts von einem nahe gelegenen alten Friedhof immer eine Musikkapelle hört", erinnert er sich. "Da stellt sich dann schon die Frage, ob man das erzählt oder nicht."

Fridolin Angerer ist bei Spiegelfeld zuständig für den Verkauf von Schlössern und Burgen – und in solchen Objekten spukt es zumindest im Film. Solche Geschichten würden von seinen Kunden aber grundsätzlich eher belächelt, erzählt er: "Ich würde so eine Information mit einem Schmunzeln auf den Tisch bringen." Eine Verpflichtung dazu sieht er aber nicht. "Der eine spürt's und sieht's, der andere nicht."

Insgesamt sei die Vorgeschichte eher ein "Soft Fact", wirklich zählen würden "Hard Facts" wie Lage, Zustand und Ausstattung. Angerers Beobachtung: Nur "Herrschaften", die keinen adeligen Hintergrund haben, aber gerne einen hätten, würden sich mitunter sehr eingehend über die früheren adeligen Bewohner erkundigen.

Rat von Wünschelrutengehern

Für Rosa Schwarzl, Präsidentin des Österreichischen Verbands für Radiästhesie und Geobiologie, spielt die Geschichte naturgemäß eine weitaus größere Rolle. Sie werde von Kunden oft um Rat gefragt, wenn es um eine Kaufentscheidung geht, und würde es eigenen Angaben zufolge "sofort merken", wenn es in einem Haus einen schlimmen Vorfall gegeben hat. "In zehn bis 20 Prozent" der Fälle werden Dienste von Wünschelrutengehern von Kaufinteressenten in Anspruch genommen, bestätigt auch Reikersdorfer – meistens weniger, um Geschichtsforschung zu betreiben, sondern um Wasseradern im künftigen Zuhause aufzuspüren.

Früher sei bewusster ausgewählt worden, wo gebaut wird, sagt Angerer. Immer wieder würden Menschen, denen er Schlösser und Burgen zeigt, sagen, dass das "ein guter Platz" sei und dass es hier eine "gute Energie" gebe.

Auch ob Tiere, denen nachgesagt wird, besonders sensibel zu sein, sich wohlfühlen, werde von Interessenten genau beobachtet: Angerer erinnert sich zum Beispiel an ein Paar, das schon lange auf der Suche nach einem Schloss gewesen war. Ihr Hund sei bei einer Besichtigung auf eine Mauer gesprungen und dann vier Meter in den Burggraben gestürzt – daraufhin wurde nicht gekauft. "Ich denke noch immer daran. Eigentlich hätte dieses Objekt passen müssen." (Franziska Zoidl, 30.8.2015)