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Der Rotmilan wird ausschließlich in Europa, im vorliegenden Fall in Wales, gesichtet. Seit vielen Jahren gilt er als gefährdete Art.

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Junge Rotmilane werden seit Jahren mit Sendern ausgestattet.

Foto: APA/dpa/Frank Rumpenhorst

Wien – Seit Österreichs EU-Beitritt vor 20 Jahren haben viele bedrohte Vogelarten hierzulande von den Schutzmaßnahmen im Rahmen der Vogelschutzrichtlinie profitiert. Zu diesen gehört auch der Rotmilan, ein Greifvogel, der als vom Aussterben bedroht geführt wird, in letzter Zeit aber vorsichtige Ausbreitungstendenzen zeigt.

Wie der Name schon nahelegt – es gibt auch einen etwas kleineren Schwarzmilan –, ist der Rotmilan rötlich braun. Mit einer Flügelspannweite von 155 bis 170 Zentimetern ist er in etwa so groß wie ein Bussard. Von diesem wie von allen anderen Greifern ist er jedoch durch seinen tief gegabelten Schwanz gut zu unterscheiden. Wie bei Greifvögeln üblich, sind die Männchen mit knapp einem Kilo deutlich leichter als die Weibchen, die bis zu 1,2 Kilo auf die Waage bringen. Die Art brütet vor allem in offenen, mit kleinen Wäldern durchsetzten Landschaften, die nicht allzu trocken sein dürfen.

Der Rotmilan (Milvus milvus) kommt nur in Europa vor, und da vor allem in Deutschland: Rund die Hälfte der 29.000 geschätzten Brutpaare weltweit leben dort, gefolgt von Spanien und Frankreich. Im Winter ziehen die meisten mitteleuropäischen Rotmilane nach Südwesteuropa, seit einiger Zeit bleiben viele Exemplare aber auch in ihren Brutgebieten, so auch in Österreich.

Seine Beute – vorwiegend Kleinsäuger und Vögel – sucht der Rotmilan in niedrigem Gleitflug und ergreift sie geschickt, ohne zu landen. Er ist jedoch alles andere als heikel: Bei entsprechendem Angebot frisst er auch Fische, Käfer und Regenwürmer, ebenso wie Aas oder sogar menschliche Küchenabfälle.

Keine häufige Art

In Österreich dürfte die Art nie sehr häufig gewesen sein, allerdings liegen aus dem 19. Jahrhundert Brutmeldungen aus Vorarlberg, Kärnten, der Steiermark, Ober- und Niederösterreich vor. Wohl aufgrund menschlicher Verfolgung verschwand der Vogel um die folgende Jahrhundertwende, ehe er mit Beginn der 1970er-Jahre im Zuge einsetzender Schutzmaßnahmen langsam wieder in Erscheinung trat. Heute brüten geschätzte 28 bis 35 Paare im äußersten Westen des Bundesgebiets – vor allem im Rheindelta – und im äußersten Osten, dort bevorzugt in den Marchauen.

Sie bauen ihre Nester, die sie oft jahrelang benutzen, in die Astgabel eines hohen Baumes und polstern sie mit allem aus, was sie unterwegs finden können, darunter auch Lumpen, Papier und Plastikfetzen. Ab Mitte April legt das Weibchen gewöhnlich drei hühnereigroße Eier, aus denen nach rund 30 Tagen die Jungen schlüpfen. Im Gegensatz zu den Schwarzmilanen verhalten sich die Rotmilane deutlich stiller – zu hören sind sie nur bei Futterstreitigkeiten.

Im Vergleich zu anderen Ländern ist der österreichische Rotmilanbestand bescheiden, doch die Tendenz ist steigend. So konnte der Nationalpark Donauauen heuer etwa das erste Mal seit Jahrzehnten wieder eine erfolgreiche Brut auf seinem Gebiet östlich von Wien vermelden.

Auch in Oberösterreich gibt es Hinweise darauf, dass der Rotmilan zurückkehrt. Während es sich dabei jedoch um eine Wiederbesiedelung früherer Brutstandorte handeln dürfte, erweist sich der Rotmilan in Niederösterreich als wirklich innovativ: "Seit ungefähr fünf Jahren beobachten wir, dass er verstärkt in die Agrarlandschaft des Weinviertels geht", erzählt Gábor Wichmann von BirdLife Österreich. Ob es sich dabei um österreichische oder deutsche Tiere handelt, ist bisher unbekannt. Auch ob die Vögel dort auf die Dauer Erfolgschancen haben, steht noch in den Sternen.

Wie viele andere Arten ist auch der Rotmilan, der 2000 in Deutschland und Österreich Vogel des Jahres war, durch Eingriffe in seinen Lebensraum gefährdet. In seiner Nestumgebung braucht er eine offene, vielfältige Landschaft, die im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft oft nicht mehr vorhanden ist. Außerdem wird er noch immer illegal verfolgt.

Jäger auf Kulturflächen

Häufig jagen die Vögel auf Kulturflächen in der Umgebung von Windrädern – und fallen diesen zum Opfer. Laut einer deutschen Studie sollen die Verluste dort in manchen Gebieten so hoch sein, dass sie nahe daran sind, negative Auswirkungen auf die Population zu haben. Das gilt übrigens auch für illegale Verfolgung.

Um herauszufinden, inwieweit die Windenergie in Ostösterreich eine Gefahr für die Milane darstellt, sind heuer im Auftrag der Windkraftbetreiber erstmals elf Rotmilane entlang der March mit Sendern ausgerüstet worden. Diese sollen neben der Raumnutzung der Tiere auch dokumentieren, wie häufig sie mit Windrädern kollidieren. Versuche, die Vögel aus der Umgebung der Windräder zu vergraulen, wie sie in Deutschland angedacht werden, sieht Gábor Wichmann kritisch: Die Wirksamkeit der diversen Ansätze sei ungeklärt. Etwas anderes hingegen dürfte sicher sein: "Der Rotmilan gehört eindeutig zu den Klimaverlierern, weil die Flächen im Zuge der Erwärmung versteppen und er keine typische pannonische Art ist. Er braucht eher feuchte Flächen", erklärt Wichmann dem STANDARD.

Dass der Rotmilan in Österreich trotzdem in Ausbreitung begriffen ist, zeigt für Wichmann, dass die positiven Effekte von Schutzbestimmungen, vermehrten Brachflächen, Horstschutzprojekten und dergleichen derzeit noch wichtiger sind als die Klimaerwärmung. Was nicht heißt, dass es so bleibt, zumal die Windräder nicht weniger werden dürften. (Susanne Strnadl, 6.9.2015)