Franz Nauschnigg schlägt in seinem STANDARD-Kommentar ("Eine 'Asfinag' für den sozialen Wohnbau", 27. 8. 2015) vor, "dass zusätzlich zum Wohnbauprogramm der Regierung das Asfinag-Modell auch für den Wohnbau eingesetzt werden sollte, mit einer Aktiengesellschaft für Wohnbau im Staatseigentum". Die aufgenommenen Mittel sollten dann zweckgebunden für sozialen Wohnbau verwendet werden.
Es stellt sich die Frage: Warum zusätzlich eine AG, wenn noch nicht einmal das Bundeswohnbauprogramm den Weg von der Ankündigung zur Realisierung gefunden hat? Es stellt sich weiters die Frage, warum nicht bereits die Bundeswohnbauoffensive, wenn sie tatsächlich kommt, in erster Linie sozialen Wohnbau verwirklicht. Grundsätzlich ist das bei der Regierungsklausur in Krems angekündigte Bauprogramm ein Schritt in die richtige Richtung. Das österreichische System des sozialen Wohnbaus kann nur gerettet werden, wenn der Bund aktiv wird. Es braucht eine zentrale Reform der Wohnbauförderung und des Wohnrechts.
Die Wiedereinführung einer Zweckwidmung der Wohnbauförderung im Rahmen der aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen kann und wird nicht die Lösung sein – die Effekte wären erst ab 2018 spürbar, und das ist, nicht zuletzt angesichts der steigenden Liegenschaftspreise, zu spät.
Wohnbaubank
Die Regierung sollte ihre Wohnbauoffensive, die hoffentlich mit der Errichtung einer eigenen Wohnbaubank durch den Bund verbunden ist, nutzen, um neue, zentrale Kompetenz aufzubauen. Denn die Funktionsfähigkeit unseres über Jahrzehnte so erfolgreichen Systems ist gegenwärtig nicht mehr voll gegeben. Schon lange profitieren nicht mehr die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen von der Wohnbauförderung, sondern in erster Linie der Mittelstand. Wie Agnes Streissler in ihrer Studie "Leistbare Mieten – Leistbares Leben" (2015) nachgewiesen hat, gehören nur 25 Prozent der Bezieher niedriger Einkommen zur Mieterschaft von Genossenschaftswohnungen.
Als schlichtweg katastrophal ist die Datenlage zum Wohnungsneubau in Österreich einzustufen, seit durch die Aufhebung der Zweckwidmung die Länder zu keinerlei Berichterstattung mehr verpflichtet sind. De facto kann aktuell kein politischer Entscheidungsträger behaupten, über fundierte Informationen über den exakten Wohnungsbedarf zu verfügen. Österreich braucht aber qualifizierte Wohnbauprogramme, die auf dem realen Bedarf basieren – mit besonderer Berücksichtigung des unteren Einkommensdrittels. Es geht darum, sozial verträglich Notwendiges zu produzieren an Standorten, wo diese Produktion dringend gebraucht wird. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn der oberste Förderungsgeber, also der Bund, den Ländern wieder klare Richtlinien vorgibt.
Und noch eine Bemerkung zu der von Nauschnigg vorgeschlagenen Finanzierung des Wohnbauförderungssystems durch eine CO2-Steuer statt durch Lohnnebenkosten: Wir brauchen nur die von Experten seit langem geforderte Entflechtung von Wohnbauförderung und Garagenbau umzusetzen: weg mit der Stellplatzverpflichtung. Keine Wohnbauförderung mehr für das freistehende Einfamilienhaus, sondern nur mehr für Neubau in Lagen, die bereits infrastrukturell erschlossen sind. Die Baukosten und damit die Mieten würden sich stark verringern – ein wichtiger Teil in einem ganzen Maßnahmenbündel, das wir brauchten, um das soziale Wohnbausystem Österreichs tatsächlich weiterzuentwickeln. (Jörg Wippel, 1.9.2015)