Das mittlerweile fertiggestellte G3 Shopping Center in Gerasdorf bei Wien hat ein geschwungenes Dach aus CLT-Holz.

Foto: Stora Enso

Ybbs/Donau – Während Herbert Jöbstl über eines seiner Lieblingsthemen, den CLT-Bau spricht, arbeiten drei Stockwerke unter ihm Hebe- und Pressmaschinen mit voller Kraft und beileibe nicht immer lautlos. CLT heißt die Technologie, die nach den Vorstellungen des Senior Vice President für Central Europe den Gebäudebau revolutionieren soll.

CLT, das "Cross Laminated Timber", also Brettsperrholz, steht für eine Bauweise, die insbesondere in Österreich immer mehr Verbreitung findet. 80 Prozent der Weltproduktion kommt aus Österreich, erläutert Jöbstl, wobei auch einige andere heimische Holzbetriebe das Potenzial von CLT erkannt haben. Und während man versucht, den Grundstoff Holz in Ybbs aus einem Radius von gerade einmal hundert Kilometer zu beziehen, wird weit exportiert: nach Japan oder in die Region "Mena", was für Nahost und Nordafrika stet.

Kreuzweise verklebt

Denn die Einsatzmöglichkeiten des Produkts, das aus mindestens drei Lagen kreuzweise verklebter Holzplatten hergestellt wird, sind breit gestreut: Für Gebäude aller Art wird es verwendet. Da die Platten nach den Wünschen des Auftraggebers zugeschnitten werden – und etwa exakt gesetzte Auslässe für Installationen, Fenster oder Türen aufweisen -, werden zunehmend auch die Hersteller von Fertigteileinfamilienhäusern darauf aufmerksam. In zwei Tagen lassen sich die Teile zu einem Haus zusammensetzen, erläutert Jöbstl, während in der Halle riesige, noch nicht fertig zugeschnittene Platten mittels Vakuumheber und vielen pneumatischen Saugknöpfen exakt auf den richtigen Stoß platziert werden.

Da die Massivholzplatten unterschiedlich dick gefertigt werden und bis zu 40 Zentimeter dick sein können (das Holz hat dann zwischen neun und zwölf Lagen), wird die Technologie immer mehr auch beim Mehrgeschoßbau eingesetzt. In London und Helsinki wurden solche Projekte realisiert. In der Wiener Seestadt Aspern soll das weltweit höchste Holzhochhaus mit 24 Etagen entstehen. Noch ist CLT ein Nischenprodukt, sagt Jöbstl, aber ein rasch wachsendes.

Neuartiger Plattenbau

Die CLT-Platten ermöglichen aufgrund ihrer enormen statischen Belastbarkeit neue architektonische Entwürfe. "Die Platten sind auch sicher, wenn die Erde bebt", erläutert Jöbstl den Grund, warum sich die Platten gut nach Japan verkaufen. Außerdem eignen sie sich für Innen- und Außenwände, für Decken und Dächer. Den Einwand, Holz brennt leicht, lässt man bei CLT nicht gelten. CLT habe einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa zwölf Prozent; bevor Holz in Brand gerät, muss erst das darin enthaltene Wasser verdampft sein.

Große Bauunternehmen, die mit Stahlbeton bauen, experimentierten dann und wann mit CLT. Insbesondere die Kombination mit anderen Materialien, mit Glas, mit Stahl oder Beton, ist da interessant. Für Carports, Kleinbauten, Holzverbunddecken wird der Baustoff sowieso eingesetzt. Stora Enso baut dabei nicht selbst zusammen, sondern fertigt nach den Vorgaben der Kunden, häufig Baumeister oder Architekten.

Bei Stora Enso wird mit verschiedenen Holzarten experimentiert. Die wichtigsten verwendeten Holzarten sind Fichte und Kiefer. Verwendet wird ausschließlich nachhaltig produziertes, nach PEFC zertifiziertes Holz. Dabei muss der Wald nachhaltig bewirtschaftet und immer wieder aufgeforstet werden.

Was die Kosten betrifft, sei CLT durchaus konkurrenzfähig, betont man jedenfalls bei Stora Enso: "Es kommt auf die Ausführung an."

Sicher ist, dass Klimaschutz- und Umweltargumente für die Technologie sprechen. Da Holzprodukte Kohlenstoff speichern, sind sie ein nachhaltiges Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels. Geleimt werden die Platten formaldehydfrei. Da die Platten leichter sind als Betonplatten, ist der Transport kostengünstiger und benötigt weniger Energie. Ein Kubikmeter Holz speichert etwa eine Tonne Kohlendioxid (CO2).

In Ybbs steht eines der größten Sägewerke in Mitteleuropa mit Fokus auf die Weiterverarbeitung und Veredelung von Holz. 380 Personen sind hier beschäftigt. Seit 2011 wird dort das Brettsperrholz hergestellt. In Bad St. Leonhard, wo ebenfalls ein Stora-Enso-Werk steht, hat man mit der Produktion bereits 2008 begonnen – neben der Schnittholzproduktion. Stora Enso ist ein finnisch-schwedisches Unternehmen mit etwa rund zehn Milliarden Euro Jahresumsatz. (Johanna Ruzicka, 6.9.2015)