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US-Präsident Barack Obama kurz nach der Übernahme des saudischen Thrones durch König Salman in Riad.

Foto: EPA / Saudi Press Agency

Riad/Washington – Seit Salman bin Abdulaziz Al Saud im Mai dem Golfaraber-Gipfel mit Präsident Barack Obama in den USA fernblieb, wurde nicht nur über den Zeitpunkt spekuliert, an dem der Besuch des Königs nachgeholt werden würde, sondern auch über Zweck und Programm: Der 79-Jährige, der seit Ende Jänner auf dem saudischen Thron sitzt, ist nicht gesund, und laut Gerüchten innerhalb des Königshauses, die seit dem Tod von König Abdullah vermehrt an die Öffentlichkeit dringen – etwa durch twitternde Insider -, sollten vor allem medizinische Gründe hinter der Reise stehen. Nun trifft König Salman jedoch am 4. September Obama im Weißen Haus: Reiner Fototermin, sagen die einen; wichtiges Treffen für die angespannten US-saudischen Beziehungen, die anderen.

Obwohl die USA und Saudi-Arabien zurzeit an zwei Krisenherden im Nahen Osten militärisch kooperieren – Riad ist Teil der US-Allianz, die Luftangriffe gegen den "Islamischen Staat" fliegt; die USA unterstützen den saudischen Krieg im Jemen logistisch -, ist das Verhältnis schwierig.

Salman-Doktrin

Die Zögerlichkeit, die die Saudis Obama in Syrien vorwerfen, sowie Obamas Iran-Diplomatie haben Saudi-Arabien sogar eine Abkehr von seiner traditionell konservativen Status-quo-Politik in der Region beschert: Die von Beobachtern sogenannte Salman-Doktrin soll zeigen, dass sich Riad selbst um seine Sicherheitsinteressen kümmern kann und nicht mehr nur auf den alten Pakt mit den USA vertraut.

Ob König Salman wirklich Mastermind dieses Kurswechsels ist, dessen deutlichstes Zeichen die Intervention im Jemen gegen die zaiditisch-schiitischen Huthis ist, bezweifeln viele. Sein erst 30-jähriger Sohn Mohammed bin Salman – Vizekronprinz und Verteidigungsminister – soll ihm die Feder führen. Auf alle Fälle kontrolliert "MbS" den Zugang zum König und ist wohl zurzeit der mächtigste Mann Saudi-Arabiens.

Interne Spannungen

Schon wird spekuliert, ob er nicht den Kronprinzen, seinen Cousin, Innenminister Mohammed bin Nayef ("MbN"), in der Thronfolge überholen will. Dieser ist in den USA sehr gut vernetzt, er galt immer als Wunschkandidat Washingtons für den saudischen Thron. Wenn MbN diesen erklimmt, könnte er seinerseits MbS als Kronprinz enterben – dass Entscheidungen eines Königs für die weitere Thronfolge nicht sakrosankt sind, hat König Salman selbst vorgeführt, als er im Frühjahr den von Abdullah eingesetzten Muqrin bin Abdulaziz entließ.

Für Washington bleibt Saudi-Arabien ein wichtiger Partner in der Region, deshalb ist die Stabilität Saudi-Arabiens von großem Interesse. Dem Königreich macht wie den anderen Erdölexporteuren auch der niedrige Ölpreis zu schaffen, erstmals tut sich ein gewaltiges Budgetdefizit auf, und große Infrastrukturprojekte werden verschoben. Neben dem teuren Jemen-Krieg wird die Staatskasse mit Geldgeschenken belastet, mit der die saudische Führung seit Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 ihre Untertanen ruhigzustellen trachtet. Dazu gehören auch finanzielle Goodies, die Salman seit seinem Amtsantritt verteilt hat.

Riad will Teheran bremsen

Im Jemen erzielte Saudi-Arabien zuletzt signifikante militärische Gewinne – die aber laut Menschenrechtsorganisationen mit immensen Opfern erkauft sind. Auch zivile Objekte werden bombardiert. Im Jemen will Riad nach eigenem Verständnis den iranischen Versuch stoppen, auf der Arabischen Halbinsel Fuß zu fassen: Der innerjemenitische Konflikt ist jedoch weit komplexer als das und nicht militärisch zu lösen. Mit Sorge beobachten die USA auch, dass es Saudi-Arabien nicht sehr zu irritieren scheint, dass sich im Süden des Jemen Al-Kaida immer mehr festsetzt.

Beim Gipfel im Mai, zu dem Salman die "beiden Mohammeds" schickte, ging es Obama darum, die Golfaraber zu beruhigen, dass der Nukleardeal mit dem Iran nicht auf Kosten des 70 Jahre alten gemeinsamen strategischen Bündnisses gehe. Trotz der offiziellen gemäßigten Stellungnahmen aus Riad zum Atomdeal, die meist "Hoffnung" auf eine konstruktivere Rolle Teherans ausdrücken, bleiben die Saudis tief skeptisch. Der Iran wird, von den Sanktionsfesseln befreit, wirtschaftlich aufblühen und an Einfluss gewinnen – so wie 2003, als die USA den irakischen Diktator und Erzfeind der Iraner, Saddam Hussein, beseitigten. (Gudrun Harrer, 3.9.2015)