Brüssel – Vor dem Treffen der EU-Außenminister am Freitag bringen sich die Staaten in Position. Deutschland, Frankreich und Italien haben gemeinsam Reformen in der europäischen Asylpolitik gefordert. In einem Papier für die Beratungen am Wochenende in Luxemburg drängen sie auf schnellere Asylverfahren, größere Solidarität unter den EU-Ländern und eine gerechtere Flüchtlingsverteilung. Ungarns Premier Viktor Orbán bittet indes um EU-Finanzhilfen, und Lettland, Litauen und die Slowakei bekräftigen ihr Nein zu Flüchtlingsquoten.

Das fünfseitige Papier von Deutschland, Frankreich und Italien haben die Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Paolo Gentiloni entwickelt. Darin erklären sie: "Kein Flüchtlingsstrom kann ein Grund für die katastrophalen humanitären Bedingungen sein, die wir in den vergangenen Wochen gesehen haben. Deshalb brauchen wir abgestimmte Verfahren und Institutionen sowie gemeinsame Standards in Europa."

Spanien kritisiert Kriterien für Flüchtlingsverteilung

Zugleich müsse es eine effizientere Rückführungspolitik für Flüchtlinge geben, die illegal nach Europa kommen, erklären die Außenminister. Dazu gehöre eine Einigung in der EU, welche Herkunftsländer als sicher eingestuft werden können. Das Dokument wurde an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini weitergeleitet, um es beim informellen Treffen der Außenminister am Freitag diskutieren zu lassen.

Als unfair bezeichnete Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo die Gewichtung der Kriterien, nach denen die EU-Kommission bisher die Verteilung von 40.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland berechnete. Arbeitslosenstatistiken und bisherige Bemühungen zur Linderung der Flüchtlingskrise seien "nicht ausreichend gewertet" worden, sagte er der deutschen Zeitung "Welt".

Oststaaten weiter gegen Quoten

Lettland, Litauen und die Slowakei bekräftigten indes ihr Nein zu Umverteilungsquoten. "Quoten halten keine Migranten auf, sie verhindern nicht, dass sie in Lkws oder auf Schiffen umkommen", sagte der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák der "Bild"-Zeitung. "Unsere bisherige Erfahrung zeigt, dass diese Menschen nicht in die Slowakei kommen und bleiben wollen." Sie wollten weiter nach Deutschland, Großbritannien und Schweden.

Der litauische Außenminister Linas Linkevičius äußerte sich ähnlich. "Pflichtquoten lösen nicht das Problem. Wir wollen denen helfen, die um ihr Leben fürchten und vor Krieg fliehen, aber nicht denen, die nur besser leben wollen", sagte er der "Bild". Sein lettischer Kollege Edgars Rinkēvičs forderte in der Zeitung, bei der Verteilung der Flüchtlinge stärker zu berücksichtigen, "was jedes Land leisten kann".

Luxemburg will europäische Flüchtlingsbehörde

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kritisierte, dass das "europäisch ausgerichtete, aber national verwaltete" Asylsystem zu "unglaublichen Diskrepanzen bei den Verfahrenslängen und Anerkennungsquoten" führe. Deshalb müsse das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in Malta zu einer europäischen Flüchtlingsbehörde ausgebaut werden, die die Anwendung EU-weit gleicher Standards gewährleiste, sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Orbán verteidigt sich

Ungarn Regierungschef Viktor Orbán verteidigte in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" die Flüchtlingspolitik seines Landes und den Bau eines Zauns an der Grenze zu Serbien. "Wer überrannt wird, kann niemanden aufnehmen", erklärte er. Orbán rügte die "verfehlte Einwanderungspolitik" der EU und den mangelnden Schutz ihrer Außengrenzen. "Deshalb ist der Zaun, den wir Ungarn bauen, wichtig. Wir machen das nicht aus Spaß, sondern weil er notwendig ist."

Orbán kommt am Donnerstag nach Brüssel, um Hilfe zu erbitten. Geplant sind Treffen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Nach Kommissionsangaben will Ungarn acht Millionen Euro Nothilfe zur Versorgung ankommender Flüchtlinge erhalten. Die Kommission hatte Ungarn ermahnt, in der Krise europäisches Recht einzuhalten. So müssten alle ankommenden Flüchtlinge mit Fingerabdrücken registriert werden. (APA, 3.9.2015)