Wien – Manche Prozesse sind wegen der Tat außergewöhnlich, manche wegen der Angeklagten ungewöhnlich und wieder andere wegen des Opfers. So ein Fall ist der Mordprozess gegen Srdjan T., dem vorgeworfen wird, am 19. Jänner eine transsexuelle Geheimprostituierte ermordet zu haben.

Der 32-Jährige ist grundsätzlich geständig zu dem, was ihm Staatsanwältin Viktoria Berente vorwirft. Der Mann, der derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Raubes verbüßt, habe sein Opfer auf "abartig qualvolle Weise" getötet, was sie auch anhand der auf eine Leinwand projizierten Tatortfotos der Leiche demonstriert.

Nach dem Sex habe er sie rund sieben Sekunden gewürgt, so fest, dass ihr mehrere Knorpel im Hals brachen. Als sie bewusstlos war, flüchtete er nicht, sondern fesselte ihre Hände am Rücken und umwickelte ihr Gesicht mit Gewand. Die sieben Zentimeter dicke Schicht ließ ihr keine Chance zum Atmen – sie erstickte.

Den Mundraum aufgekratzt

Über das Motiv herrscht Rätselraten. Der Angeklagte behauptet, die Frau habe ihm nach dem Geschlechtsverkehr grundlos und ohne Vorwarnung einen Finger in den Mund gesteckt. "Sie hat mich plötzlich angegriffen, ist mir mit der Hand in den Mund gefahren und hat mir innen alles aufgerissen." Ulrich Nachtlberger, Vorsitzender des Geschworenenprozesses, fragt, warum sie das getan haben sollte. "Ich weiß nicht, vielleicht war sie betrunken oder hat Drogen genommen."

Es sei zu einem Gerangel gekommen, er habe die Frau aber eigentlich nicht töten wollen. Chancenlos war er in dem angeblichen Kampf jedenfalls nicht – im Gegenteil. Bei fast gleicher Körpergröße wog T., der vom psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer als zurechnungsfähig eingeschätzt wird, damals rund 125 Kilogramm, das Opfer 65 Kilo.

Gefesselt und geknebelt habe er sie, da er Angst hatte, dass sie wieder aufwache, sagt der Angeklagte. Anschließend nahm er seine 100 Euro, die er gezahlt hatte, wieder an sich, nahm ihr Handy und ihren Ausweis mit und entsorgte das benutzte Kondom. Entdeckt wurde die Leiche, die schon zu verwesen begann, nachdem einer Nachbarin der üble Geruch im Stiegenhaus aufgefallen war.

Kein Motiv für Mord

Verteidiger Peter Philipp versucht in seinem Schlussplädoyer die Geschworenen zu überzeugen, dass es sich um keinen Mord gehandelt hat, sondern um eine Körperverletzung mit tödlichem Ausgang. Denn: "Haben Sie irgendein Motiv gefunden, warum er sie plötzlich umbringen hätte sollen?"

Die Geschworenen haben ganz offensichtlich und verurteilen T., nicht rechtskräftig, zu lebenslanger Haft. (Michael Möseneder, 3.9.2015)