Wien – Mit dem Tod einer Geheimprostituierten hatte sich am Donnerstag ein Wiener Schwurgericht auseinanderzusetzen. Ein Kunde soll die 34 Jahre alte Hande Ö. bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und erstickt haben, indem er ihr die Hände auf den Rücken fesselte und ihren Kopf mit Kleidungsstücken "flächendeckend komprimiert abdeckte", wie der Gerichtsmediziner Daniele Risser feststellte.

Da die Atemwege der Frau verschlossen waren – die Kleidungsschicht über Mund und Nase hatte dem medizinischen Gutachten zufolge einen Durchmesser von sieben Zentimeter -, hatte sie keine Überlebenschance. Der des Mordes Angeklagte – ein beschäftigungsloser 32-Jähriger – hatte seit November 2014 mehrfach die sexuellen Dienste der Transgender-Frau in Anspruch genommen, die ursprünglich als Mann zur Welt gekommen und im Juli 2014 von der Türkei nach Österreich geflüchtet war, "weil sie in ihrer Heimat als Transsexuelle benachteiligt und diskriminiert wurde", wie Staatsanwältin Viktoria Berente den Geschworenen berichtete.

Nach dem dritten Besuch am 19. Jänner in der Ottakringer Wohnung der 34-Jährigen sei es zu "der grauenvollen Tat" gekommen, bei der es dem Angeklagten geradezu darauf angekommen sei, "das Opfer zu vernichten", sagte die Staatsanwältin. Wie im Zuge der Obduktion zutage kam, hatte der massive, bei einer Körpergröße von 1,75 Meter zwischen 120 und 130 Kilo schwere Mann die gleich große, aber 56 Kilo leichte Frau am Hals gepackt und zugedrückt. Laut Gerichtsmediziner verlor Hande Ö. nach sechs bis sieben Sekunden infolge des "heftigen und schlagartigen Zupressens" des körperlich deutlich überlegenen Mannes das Bewusstsein. Der Würgeakt habe im konkreten Fall ähnliche Folgen gehabt, "wie er beim Erhängen eintritt", sagte Risser.

An die Verantwortung des Angeklagten, derzufolge es zu einem "Kampf" gekommen sei, nachdem ihn Hande Ö. nach dem Sex aus unerfindlichen Gründen angegriffen habe, ihm mit ihren langen Fingernägeln in die Mundhöhle gefahren sei und dabei die Wange aufgerissen habe ("Das hat sehr wehgetan, es war sehr schmerzhaft"), vermochte der Gerichtsmediziner nicht zu glauben: "Da gibt es keinen Kampf bei diesen Masseverhältnissen."

Der 32-Jährige blieb ungeachtet dessen dabei. Hande Ö. habe ihn attackiert, er habe ihre Hand weggeschlagen, sie habe nicht von ihm abgelassen: "Ich hab' sie gepackt, umgeschmissen aufs Bett und sie zu würgen begonnen. Ich bin in Panik geraten. Ich war noch nie in so einer Situation. Ich wollte so schnell wie möglich raus." Warum er dann nicht gleich aus der Wohnung gegangen sei, wollte der vorsitzende Richter Ulrich Nachtlberger wissen. "Keine Ahnung. Vielleicht war ich wütend", meinte der Angeklagte. Er habe die Frau im Anschluss deshalb gefesselt, "weil ich gedacht habe, vielleicht wacht sie auf und greift mich mit einer Waffe an."

DNA-Tests überführten Angeklagten

Der 32-Jährige wurde anhand von genetischen Fingerabdrücken, die er am Tatort hinterlassen hatte, als dringend Verdächtiger überführt. Er hatte wenige Tage nach der inkriminierten Bluttat mit einer Gaspistole zwei Raubüberfälle im Prostituierten-Milieu begangen und war dafür in U-Haft gekommen. Ein routinemäßig entnommener Mundhöhlenabstrich "passte" zu dem im Mordfall Hande Ö. gesuchten Täter.

Der Angeklagte hatte die Wohnung der Geheimprostituierten mit deren Smartphone und Ausweisen, den zuvor von ihm für die sexuellen Dienste bezahlten 100 Euro sowie des verwendeten Kondoms verlassen. "Ich wollte nicht, dass sie stirbt", versicherte der 32-Jährige am Ende seiner Einvernahme, "ich hab' gedacht, sie steht wieder auf".

Verteidiger Peter Philipp plädierte auf Körperverletzung mit tödlichem Ausgang. Selbst einen bedingten Tötungsvorsatz habe sein Mandant nicht gehabt. Bei der Strafbemessung ist auf die mittlerweile bereits ergangene Verurteilung wegen zweifachen schweren Raubes Bedacht zu nehmen. Dafür hat der 32-Jährige bereits im März eine siebenjährige Freiheitsstrafe erhalten. Mit dem Urteil war vor 16.00 Uhr zu rechnen. (APA, 03.09.2015)