Bild nicht mehr verfügbar.

US-Außenminister John Kerry wurde nicht müde, noch einmal und noch einmal für den Iran-Deal zu werben – zuletzt in Philadelphia, an jenem Ort, wo die Verfassung unterzeichnet worden war.

Foto: AP / Matt Slocum

Dass der Iran-Deal die parlamentarische Revolte in Washington überlebt, scheint nicht mehr infrage zu stehen. Die Frage ist nun, wie er überlebt; ob Barack Obama die Opposition mit denkbar knapper Sperrminorität in die Schranken verweisen kann; oder aber relativ komfortabel, sodass er sich die Brechstange ersparen kann.

Die 34 demokratischen Senatoren, die sich bisher für die Abmachung ausgesprochen haben, stellen sicher, dass sie wirksam zum Einsatz kommt, die präsidiale Brechstange – jenes Veto, das der Staatschef einer Mehrheit in der kleineren, gleichwohl wichtigeren Kongresskammer entgegensetzen kann, sofern sich nicht mindestens zwei Drittel des Hauses gegen ihn stellen.

Gelingt es ihm, von den zehn Demokraten, die sich noch bedeckt halten, wenigstens sieben auf seine Seite zu ziehen, bliebe Obama auch der Denkzettel eines für ihn eher schmerzhaften Votums gegen das Atompapier erspart. 41 Senatoren könnten die Abstimmung blockieren mithilfe eines filmreifen Spektakels: der vielkritisierten, vielfach bewährten Dauerrede des Filibusters.

Klar ist einstweilen nur: Prominente Republikaner rechnen nicht mehr damit, den Deal aushebeln zu können. Entsprechend gereizt ist ihre Wortwahl. "Die Ayatollahs tanzen nur deshalb nicht in den Straßen Teherans, weil sie ans Tanzen nicht glauben", polterte Lindsey Graham, nachdem sich seine demokratische Kollegin Barbara Mikulski zu dem Kompromiss bekannt hatte, womit die Zahl der Befürworter die magische 34er-Marke erreichte.

Der Charme von Koalitionen

Interessant auch, wie Außenminister John Kerry die Akzente setzte, als er an historischem Ort in Philadelphia – dort, wo die Verfassung unterzeichnet wurde – die mit Abstand längste Iran-Rede seiner Amtszeit hielt. Im Kern ging es um den Charme internationaler Koalitionen; um den Wert der Partnerschaft mit Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland und China, ohne die weder die Sanktionen gegen Teheran die gewünschte Wirkung erzielt hätten noch ein Ergebnis am Verhandlungstisch denkbar gewesen wäre. Ließe der Kongress das Abkommen scheitern, wäre die Botschaft so verwirrend, "dass die meisten Menschen rund um den Globus sie nicht begreifen würden". Die anderen würden nicht folgen, "wenn wir als Einzige vor einem Deal davonlaufen, den die Sanktionen doch erst erzwingen sollten".

Es war wohl vor allem die Angst vor dem Alleingang, damit verbunden die Erinnerung an die Irak-Invasion 2003, die schwankende Demokraten dazu brachte, letztlich nicht gegen die eigene Regierung zu opponieren. Chris Coons etwa traf sich – neben anderen – mitten im Sommer mit britischen, chinesischen, französischen, deutschen und russischen Diplomaten zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen. "Sie haben uns einhellig gesagt, dies ist der beste Deal, den man kriegen kann, und wir bleiben dabei", blendete er zurück, als er sich nach langer Bedenkzeit aus dem Fenster lehnte.

Sollten die USA zu den Sanktionen zurückkehren, könnten sie nicht mit Unterstützung rechnen. Letztlich aber war es ein Brief aus dem Oval Office, der im Fall Coons', einem typischen Fall, das Ja besiegelte. Der frühere Anwalt hatte Garantien verlangt: Einerseits sollte der Präsident bekräftigen, dass er notfalls zu bewaffneter Gewalt gegen den Iran greift, andererseits versichern, Israels militärtechnischen Vorsprung im Nahen Osten zu wahren. Beides hat Obama offenbar zugesagt. (Frank Herrmann aus Washington, 4.9.2015)