Was ich esstechnisch vielleicht am meisten vermisse, wenn ich nicht in Asien bin, ist das Frühstück. In Penang oder Guangzhou, in Bangkok oder Peking genießt man den herrlichen Luxus, morgens nach dem Aufstehen einfach auf die Straße zu gehen und an den allgegenwärtigen Fressständen und Imbissbuden zwischen dutzenden verschiedenen Gerichten wählen zu können. Von Bohnensterz, in Schweinefett über offenem Feuer gebraten, über frittierte Teigstangen bis hin zu scharfen Nudelsuppen mit jeder Menge frischen Kräutern. Jede Stadt, jede Gegend hat mehr oder wenige ihre eigene Frühstückskultur – der König des asiatischen Frühstücks aber ist fast überall und immer zu bekommen: der Congee oder Reisbrei.

Foto: Tobias Müller

Schnelles Wohlfühlessen

Auch hier gibt es lokale Unterschiede: Die Südostasiaten stehen auf der würzigen Seite des Reisbrei-Spektrums, sie packen gern Fischsauce und Zitronengras, geröstete Erdnüsse, frische Kräuter und Chilis hinein. Dem gegenüber stehen die zurückhaltender würzenden Chinesen, die den feinen Reisgeschmack ihres Breis lieber nicht zu sehr stören wollen und bloß auf etwas Ingwer und Sojasauce setzen. Hongkonger packen gern sauren Fisch und tausendjährige Eier in die Suppe, Bangkoker setzen auf rohe Eier. Fast immer aber gilt: Congee ist ein perfektes, schnelles Wohlfühlessen.

Einfach, aber langwierig

Congee zu machen ist so schrecklich einfach, dass es mich wundert, dass es nicht öfter auch hierzulande angeboten wird. Eine vergleichsweise sehr kleine Menge Reis wird mit einer vergleichsweise sehr großen Menge Wasser oder Suppe so lange gekocht, bis der Reis zerfallen ist und seine Stärke das Wasser in eine schlatzig-weiche, cremig-gaumenschmeichelnd, Herz und Magen wärmende Suppe verwandelt hat.

Der einzige Nachteil des Reisbreis ist, dass die Zubereitung etwa eineinhalb Stunden dauert. Wer also keine chinesische Großmutter hat, die lange vor allen anderen aufsteht und kocht, der muss etwas auf sein Frühstück warten. Sicher, Sie können Ihren Reisbrei auch vorkochen und dann einfach aufwärmen – das schmeckt aber leider nicht mehr ganz so gut. ("Die Gelehrten sagen, es ist besser, dass ein Mann auf seinen Reisbrei wartet, als dass der Reisbrei auf den Mann warten muss", schrieb schon der chinesische Dichter und Gourmet Yuan Mei im 18. Jahrhundert. "Vermeide es, deinen Reisbrei zu lange stehen zu lassen, weil sonst der Geschmack verschwindet und die Flüssigkeit an die Luft verlorengeht." Zitiert nach diesem Buch (aus dem Englischen selbst übersetzt).

Es gibt so viele Reisbrei-Rezepte wie Köche. Yuan Mei etwa war ein ausgesprochener Purist: "Reis und Wasser müssen dazu gebracht werden, harmonisch zu verschmelzen, zu einer einzigen weichen Samtigkeit (…) Heutzutage machen die Leute Enten-Reisbrei, dem sie Fleisch zusetzen, und Acht-Schätze-Reisbrei mit diversen Früchten. All das führt aber nur dazu, dass der richtige Geschmack des Reisbreis verlorengeht. Man sollte seinem Reisbrei nichts hinzufügen außer Jungbohnen im Sommer und Hirse im Winter." Ich finde das ein wenig zu frugal. Was folgt, sind ein paar allgemeine Beobachtungen nach einigen Reisbrei-Versuchen sowie meine derzeitige Lieblingsvariante.

Eine von vielen Möglichkeiten, sich einen Reisbrei zu kochen

Ein guter Reisbrei braucht wenig Reis und viel Wasser oder Suppe: Auf einen Teil Reis kommen zwischen neun und zwölf Teile Garflüssigkeit, je nachdem, ob das Ergebnis noch eher breiig oder schon sehr ruppig sein soll. Dieses vorzügliche Rezept wählt einen Mittelweg und setzt auf zwölf Teile Wasser plus eine ordentliche Portion Maisstärke. 250 Gramm Reis reichen leicht für vier Esser. Wer ein wenig Suppe mit in den Topf packt, bekommt mehr Würze (auf dem Foto ist es Schweinskopf-Fond), nur Wasser tut's aber auch und bringt den Reisgeschmack schöner zu Geltung.

Foto: Tobias Müller

Ich habe meinen Reisbrei stets mit Jasminreis gekocht, kann mir aber vorstellen, dass Risotto-Reis ebenfalls gut funktionieren würde. Experimentieren und posten Sie. Gelegentlich finden sich Rezepte, die bereits gekochten, übriggebliebenen Reis für den Brei benutzen. Das mag ökonomisch sein, der Geschmack aber leidet: der Reisbrei wird einfach weniger schlatzig und dünner. Sparen Sie sich Ihren alten Reis lieber für gebratenen Reis auf.

Foto: Tobias Müller

Packen Sie den Reis und das Wasser / die Suppe in einen großen Topf, bringen Sie das Ganze zum Köcheln und lassen Sie es anschließend etwa eine Stunde vor sich hin garen, bis der Brei die gewünschte Konsistenz hat. Rühren Sie dabei immer wieder einmal kräftig im Topf, damit nichts anbrennt.

Foto: Tobias Müller

In der Zwischenzeit würzen Sie Ihr Faschiertes: Mir gefällt ein ordentlicher Schuss dunkle Sojasauce (gibt dem Reisbrei allerdings eine etwas schmutzig dunkle Farbe, siehe Foto), etwas Fischsauce fürs Salz, fein gehackter Ingwer für die Frische, eine Birds-Eye-Chili, ein Schuss Essig, ein klein wenig Knoblauch, und brauner Zucker. Mischen Sie das alles unter das Fleisch und lassen Sie es marinieren, während Ihr Brei kocht.

Foto: Tobias Müller

Kurz vor dem Servieren werfen Sie das Faschierte in den heißen Topf und zerdrücken es mit einem Löffel. Lassen Sie es nicht zu lange garen, gerade so, dass es nicht mehr roh, aber noch saftig ist.

Foto: Tobias Müller

Geben Sie den heißen Brei in Schüsseln, werfen Sie ein rohes Ei für etwas Fett und noch mehr Sämigkeit hinein, bestreuen Sie das Ganze mit dem gehackten Grün einiger Frühlingszwiebel. Der Tag kann beginnen. (Tobias Müller, 6.9.2015)

Foto: Tobias Müller