Langsam wird dieses Hin-und- her-Gewechsel der Politiker zwischen den Parteien unübersichtlich. Und auch schmerzhaft. Für mich persönlich war es ja die größte Enttäuschung, dass sich vor einem Monat mein Lieblingsnationalrat Rouven Ertlschweiger vom Team Stronach zur ÖVP abgesetzt hat.
Nach meinem Empfinden war es nämlich gerade Ertlschweiger, der dem TS den charakteristischen politischen Touch gegeben hat. Wie viele andere Ertlschweigerianer habe ich die ärgsten Probleme, mir das TS ohne Ertlschweiger vorzustellen. Stronach ohne Ertlschweiger, das ist wie eine Käsekrainer ohne Käse.
Und jetzt auch noch die Uschi Stenzel! Jahrelang schwarz wie die Nacht, jetzt blau wie Papa Schlumpf. Stenzel ist draufgekommen, dass die FPÖ die wahre dynamisch vorwärtsstrebende Kraft im Land ist, und Rassismus und Antisemitismus gibt es schließlich überall. Ein gutes Argument, mit dem man auch unbesorgt beim Front National anheuern könnte.
Wer bei dieser ganzen Konfusion ratlos auf der Strecke bleibt, ist natürlich der österreichische Wähler. Wer weiß, ob Michael Häupl nicht schon längst bei den Neos ist? Oder Erwin Pröll bei der KPÖ? Und Ertlschweiger, was ist mit ihm? Noch bei der ÖVP oder schon bei den Grünen?
Abhilfe schaffen könnte hier eine Partei, die einzig und allein die Aufgabe verfolgt, bedrängten Politikern eine neue Heimstätte zu geben. Seit dem Fall Ernst Strasser wissen wir um das harte Leben von Exministern. Kaum ist man seinen Posten los, muss man dahergelaufene Lobbyisten um einen Hunderttausender anschnorren. Entwürdigend.
"Das Sammelbecken" wäre ein schöner Parteiname. Im "Sammelbecken" haben alle Platz: Abgehalfterte und Ausgemusterte, Pfründenbeschnittene, Klubzwangverdrossene, Dauerhinterbänkler, Bundesratsuntergebutterte, Quereinsteigernieten und Listenplatzgelackmeierte.
Auf die Vortäuschung hehrer politischer Ziele sollte das "Sammelbecken" verzichten. Lieber einen ehrlichen Slogan wie "Euer Geld für unsere Leut'". Ehrlichkeit schätzen die Wähler. Leicht möglich, dass die Partei bei den nächsten NR-Wahlen über die Fünf-Prozent-Hürde springt. Für Ertlschweiger ist das eine gute Nachricht. Denn falls ihn die ÖVP irgendwann einmal stanzt, ist im "Sammelbecken" garantiert noch ein warmes Plätzchen frei. (Christoph Winder, Album, 4.9.2015)