"Profil"-Covergeschichte mit dem Titel "Unsere Schande".

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Wien – Das Cover der neuen Ausgabe des "Profil" mit dem toten Kind am Strand von Bodrum sorgt für Diskussionen. "Mit Stimmung ist keine Meinung zu machen", schreibt Herausgeber Christian Rainer im Leitartikel über österreichische Flüchtlingspolitik und Mitgefühl. Zum Cover: "Borniertheit" brauche es, um für die Unterdrückung des Fotos zu argumentieren.

Scharfe Kritik kommt von Medienanwältin Maria Windhager, die Persönlichkeitsrechte und Menschenwürde durch das Cover schwer verletzt sieht und dazu erklärt: "Interessant ist, dass im Unterschied zur Veröffentlichung des Fotos von den erstickten Toten im Kastenwagen diese Veröffentlichung von vielen toleriert wird."

"Diesen Anblick müssen wir aushalten"

"Das Foto sei eine Ikone, die Veröffentlichung vom Vater erwünscht, nichts würde das Elend der Flüchtlingstragödie besser dokumentieren, diesen Anblick müssten wir aushalten."

Das seien starke Argumente, argumentiert Windhager: "Die Macht des Fotos ist gewaltig: Es trifft uns alle mitten ins Herz, dieser Wirkung kann sich wohl niemand entziehen." Das Bild werde jetzt schon mit dem Foto des von Napalm verbrannten Kind in Vietnam, das 1972 veröffentlicht wurde, verglichen.

"Von den Medien instrumentalisiert"

Windhager lehnt das Cover entschieden ab: "Mich bestürzt die Selbstverständlichkeit, mit der permanent tote Kinder und Menschen von den Medien instrumentalisiert werden. Wie viele emotionalisierende Bilder brauchen wir noch, um aufzuwachen? Welche Belegfunktion hat dieses Foto? Wir wissen alle, dass seit Jahren Flüchtlinge laufend ertrinken."

Für Windhager stehen nach wie vor das Kind und seine Würde im Zentrum. "Seine Perspektive muss entscheidend sein, und seine Persönlichkeitsrechte sind zu schützen. Der Respekt gebietet es, es nicht noch einmal vorzuführen und es – wofür auch immer – zu benutzen."

Zuletzt sorgte ein in der "Krone" erschienenes Foto mit den unverpixelten Leichen der in dem Schlepper-Lkw erstickten Flüchtlinge für Empörung. Der Presserat leitete ein Verfahren ein, nachdem etliche Beschwerden bei dem Kontrollorgan eingegangen waren. (red, 6.9.2015)