Die Flüchtlingsströme der letzten Tage, die aus den Krisengebieten schließlich über Ungarn und Österreich nahezu alle nach Deutschland wollen, beweisen es: Flüchten kann nur, wer noch jung oder zumindest nicht alt ist, wen die eigenen Füße noch gut tragen, wer den Strapazen und Anstrengungen einer langen und unwegsamen Reise gewachsen ist.

Zusammengepfercht in unsicheren Flüchtlingsbooten, in gefährlichen Schlepper-Lkws oder nachts in Parks, Bahnhöfen oder unterwegs am nackten Boden schlafend, erschöpft von Hunger, Durst und langen Fußmärschen. Meist sind es junge Männer, die sich auf den Weg machen, manchmal Familien, Frauen und Kinder. Alte aber sieht man kaum. Wie denn auch?

Schnell und unkompliziert

Bei den freiwilligen Hilfsströmen verhält es sich nicht viel anders. Als Anfang der vergangenen Woche die ersten Flüchtlingszüge am Wiener Westbahnhof ankamen und sich zeitgleich (von einer einzigen jungen Frau via Facebook organisiert) ein über 20.000 Menschen langer Demonstrationszug der Hilfsbereitschaft in Richtung Parlament bewegte, waren es vorwiegend Junge, die da mitmarschierten und am Westbahnhof neben den Profis von den Grünen oder der Caritas schnell und unkompliziert ein paar Einkaufswagen voll mit Wasser, Obst und Brot ankarrten, um so ihre Solidarität mit Menschen in Not kundzutun.

Von der eigenen Güte berauscht

Natürlich gibt es Ausnahmen, aber oft sind es die Älteren, die sich trotz abgesicherter Pensionen ängstlich und skeptisch verhalten. Wären aber nicht ausgerechnet jene gefragt, die, schon unabhängig (weil im Ruhestand) und mit mehr Ressourcen ausgestattet (zeitlich und finanziell), ihre Hilfe anbieten könnten? Dass die eigene Güte durchaus berauschend wirken kann, beweist die aktuelle Hilfswelle. Ein paar Grauhaarige in Refugees-welcome-T-Shirts wären eine gute Sache. Und das mit dem Facebook und den Selfies, das würden die auch schnell hinbekommen. Role-Models braucht es auch hier.

Role-Model Ex-Landesjägermeister

Eines zumindest gibt es schon. Denn wie auch immer man zur Karriere des Ex-Raiffeisenbosses Christian Konrad, Jahrgang 1943, stehen mag: Seine Bestellung zum neuen österreichischen Flüchtlingskoordinator ist ein weiser Schachzug – und ein starkes Signal in Richtung seiner Altersgenossen. Wenn der ehemalige niederösterreichische Landesjägermeister in dieser wichtigen Sache Engagement zeigt, dann werden die Bürgermeister samt ihrer Stammtischbewohner landauf, landab sich zunehmend schwertun, nicht auch umzudenken.

Wenn also der Pensionist Konrad in Kürze und für seine zukünftigen Agenden symbolträchtig sein neues Büro in einem Wiener Container bezieht – wer weiß, vielleicht wird der dann sogar am Heldenplatz stehen. Denn Helden braucht es, und wie besingt es David Bowie, immerhin auch Jahrgang 1947, so schön und ist es dieser Tage wieder oft zu hören: We could be heroes ... auch die Alten. Und hoffentlich nicht nur für einen Tag. (Mia Eidlhuber, 6.9.2015)